
Herbst ist immer dann, wenn man sich endlich wieder bewusst wird, dass es in München mehr gibt als die Isar, Lagerfeuerabende und riesige Open-Air-Pop-Up-Yoga-Sessions im Englischen Garten, findet Louis. Und nimmt uns mit zum Kleidertausch und zum Nino aus Wien.
Dann nämlich ist die Zeit gekommen um gemütlich in der Schlange vor überquellenden Konzertkellern zu stehen und die Trauer über den verlorenen Sommer gegen ganz viel Tequila einzutauschen. Jedenfalls gilt es für mich in dieser Woche wieder, all die Orte aufzusuchen, die man vor lauter Sonnenliegen schon fast vergessen hatte.
Deshalb starte ich auch früh ins Wochenende. Am Freitag wird um 18:30 Uhr im Münchner Filmmuseum die Produktion „Geschwister“ gezeigt. Der Film erzählt von einer schwierigen und tragischen Odyssee zweier Moldawischer Flüchtlinge auf dem Weg nach Deutschland und wurde von Münchner Studenten mitentwickelt. Keine leichte Kost. Ein Glück, dass für stärkstes Kontrastprogramm bereits gesorgt ist: In der 089 Bar findet der inzwischen schon traditionsreiche Comedy City Battle statt. Hier duellieren sich Münchner Comedians mit Mitstreitern aus ganz Deutschland – diesmal ist Hamburg dran. Die Comedyszene in München ist quicklebendig und so wird der Abend gewiss heiter und fröhlich enden.
Am Samstag möchte ich mich mal wieder mit ein paar frischen Klamotten einkleiden. Allerdings nicht in der Kaufingerstraße, sondern in der wunderbaren Glockenbachwerkstatt. Hier findet heute ab 11 Uhr ein Kleidertausch statt, bei dem ich mit Sicherheit den einen oder anderen gemütlich-warmen Winterpulli ergattern werde. Im direkt daran angegliederten Gemeinschaftsprojekt Bellevue Di Monaco beginne ich dann meinen Abend. Dort spielt die Band „Terakaft“ aus Mali. Dessen Sänger Sanou Ahmed engagiert sich mit Musik für die Rechte der Touaregs in seinem Heimatland. Das klingt wahnsinnig interessant, schließlich gilt Mali als eines der Ursprungsländer von einem Großteil von Musikgenres wie Blues oder Jazz. Im Anschluss sind die Beine aber noch lange nicht müde und so tanze ich, wo es mich auch hinführt. Ins Unter Deck wahrscheinlich.
Den Sonntag gehe ich erst einmal gemütlich an. Nach ausgiebigem Omelette-Frühstück besuche ich die Pinakothek der Moderne. Hier ist die Ausstellung „Tokyo“ des japanischen Fotokünstlers Nobuyoshi Araki zu bewundern, in der er die fieberhaften Kontraste seiner Heimatstadt provokant darlegen soll. Das reicht auf alle Fälle aus um den übrigen Nachmittag in Gedanken verstreut Zuhause zu verbringen, bevor es mich abends in einen meiner Lieblingsclubs, der Milla, zieht. Der Nino aus Wien gibt hier heute die Ehre und bringt ein wenig Wiener Traurigkeit ins frohlockende München.
Kein Tag ohne Musik denke ich mir gerne. Ein Glück also, dass ich mich am Montag auf einem ausgedehnten Herbstspaziergang plötzlich am Ostbahnhof wiederfinde und von rauen Gitarrenklängen in das Rumours gelockt werde. Die innovative Stoner-Rock-Band Humulus aus Italien wird hier heute Abend die Wände zum Zittern bringen.
München zieht längst wieder Musiker aus aller Welt an. Das lässt mich aus dem Rausch der Live-Konzerte gar nicht mehr herauskommen. Am heutigen Dienstag zieht es mich in das Sunny Red. In diesem lässigen Kellerschuppen findet immer dienstags das DIE.BASS.KAFÈ statt. Veganes Essen und bester Reggae aus München von der „Nicetime International“-Gruppe füllen heute bestens meinen aus Studentengründen immer recht langen Abend.
Am heutigen Mittwoch bleibe ich deshalb auch erstmal lange liegen. Der Herbst ist schließlich auch die Jahreszeit der Entschleunigung. Ich will heute die Isar flußaufwärts entlanglaufen. Kaum zu glauben wie schön und wild es gleich südlich von der Münchner Stadtgrenze zugeht! Und wenn mir die Beine kalt werden, steige ich einfach in die S-Bahn und freue mich auf warmen Tee daheim.
Am Donnerstag zieht es mich wieder in ein Kino. Die Eröffnungsfeier der diesjährigen Lateinamerikanischen Filmtage im Werkstattkino zieht mich weit weg von kaltem Novemberregen. Der Eröffnungsfilm „Adiós Entusiasmo“ verspricht sich als wirklichkeitsnahes Kammerstück. Das ganze Filmfest, das sich in diesem Jahr auf Filme aus Argentinien spezialisiert hat, ist bis zum 29. November angesetzt.
Freitag. Eine weitere Woche voller Trubel, Kunst und Ruhe ist wieder einmal rum. Gibt es denn einen schöneren Ort um das neue Wochenende einzuleiten als das magische Tollwood-Festival? Zwischen Glühweindunst und Falafelbuden hindurchschlendern und den Winter zum ersten Mal ein wenig schön finden, das habe ich mir heute vorgenommen. Wobei ich nun eines berichtigen muss: auch der Herbst ist hier draußen, am Fuße der Bavaria, eindeutig am schönsten.