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Band der Woche: The Living

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Statt mit Künstlichkeit überzeugt die Band The Living mit Bodenständigkeit und das Konzept geht auf: Die Band hat gerade ihre zweite EP veröffentlicht und war schon als Vorband von internationalen Bands wie Augustines und Steaming Satellites zu sehen.

Die Zeiten, in denen Bands mit Bodenständigkeit punkten konnten, sind lange vorbei. Das letzte Mal hat das wohl Mitte der Neunzigerjahre funktioniert, als hymnische Gitarren-Songs geschrieben wurden, in denen der Angebeteten ein „Breakfast at Tiffany’s“ in Anspielung auf Film und Romantik vorgeschlagen werden konnte und Gitarren, Schlagzeug und Bass dazu ein wohlgeformtes, treibendes und vor allem nicht irritierendes Bett darunter legten. Derartige Volksnähe ist heute in der Popmusik nicht mehr gefragt. Die ganz Großen im Geschäft müssen derzeit möglichst entfremdet vom Normalbürger sein, über Identifikation läuft da nichts mehr, spätestens seit Muse im Rock-Bereich und Lady Gaga im allgemeinen Pop wird eine Art Alien-Ästhetik verlangt vom angehenden Popstar.

Umso erstaunlicher ist der Erfolg, den sich die Band The Living  gerade erspielt. Denn das Quintett tritt als Inbegriff der netten Menschen von nebenan auf, die rein zufällig auch ein bisschen Gitarre spielen können. Regelrecht spießig mutet diese Haltung an, unter all den Pop-Hipstern, die die zeitgenössische Ästhetik gerade sondergleichen prägen. Doch The Living schauen aus, als wären sie einer deutschen Vorabendserie entsprungen, und machen wunderbar bodenständige Musik, die nach allen Regeln der Kunst komponiert ist. Exzentrik, Weltentfremdung oder Künstlichkeit geht ihr jedoch völlig ab. Aber vielleicht läutete David Bowies Tod auch ein Ende der Rollenspielerei im Pop ein. All die Rihannas und Madonnas und ihre vielen Verkleidungen wirken wie künstliche Pop-Androiden, The Living treten mit Schülerband-Charme im Gegenzug als das vermeintlich Echte auf. Und das in Bayern schon mit einigem Erfolg. So haben sie etwa den Sprungbrett-Wettbewerb des Feierwerks gewonnen, spielten ein Konzert beim Theatron-Musiksommer im Olympiapark und werden nun auch von der bayerischen Popmusik-Unterstützung By-On gefördert, nachdem sie schon ein paar Support-Gigs für mehr oder weniger bekannte internationale Bands gespielt hatten. Etwa die Augustines aus den USA oder die Steaming Satellites aus Österreich.

Nun haben sie gerade, am vergangenen Freitag, ihre zweite EP in der Kranhalle in München vorgestellt. „Open Stories“ heißt die. Und thematisch knüpft sie an ihr erstes Mini-Album an, das sie kurz nach dem Sprungbrett-Erfolg im August 2014 veröffentlichten. Das hieß noch „Words Unsaid“, da ging es um all das Nicht-Sagbare und Unaussprechliche, dessen Platzhalter die Musik gerade für Pubertierende generell so wunderbar werden kann. „Open Stories“ erscheint quasi als gereifte Variante dessen, The Living, die schon als Pubertäre etwas brav und erwachsen wirkten, sind nun richtig erwachsen geworden. Und so klingen auch die Songs: Der etwas psychedelische Einschlag, der bei der Band zu Beginn noch in ausufernden Steigerungs-Passagen durchblitzte, ist verschwunden. Die Melodien und Gesänge von Frontmann Karlo Röding sind in Lehrbuch-Arrangements eingebettet.

Doch die Liste ihrer bisherigen Konzerte liest sich gut, gerade waren sie zweieinhalb Wochen am Stück auf Tour und demnächst stehen Auftritte auf dem renommierten Modular-Festival in Augsburg oder beim Sommerfest des Muffatwerks in München an. Das Interesse an Live-Auftritten der Band mag auch daran liegen, dass The Living im Live-Konzert noch einmal eine ganz andere Kraft entwickeln. Da wird der Sound plötzlich dichter, da vermittelt die Musik plötzlich eine Ahnung von Überwältigung, da zeigt sich plötzlich der Glanz einer Euphorie, die in den doch etwas steril klingenden Aufnahmen bisher versteckt geblieben ist. 

Stil: Pop / Rock
Besetzung: Katrin Röding (Schlagzeug, Background-Gesang), Katharina Würzberg (Keyboard, Klavier, Synthesizer), Simon Holzinger (Gitarre, Background-Gesang), Johannes Würzberg (Bass), Karlo Röding (Gesang, Gitarre)
Aus: München/Erding
Seit: 2013
Internet:www.facebook.com/TheLivingOfficial

Foto: Sebastian Resch

Von: Rita Argauer


Zeichen der Freundschaft: Mupfeltanz

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Mupfel. So nennt der Pinguin aus “Urmel aus dem Eis” die Muschel in der er liegt und die Welt beobachtet. Auch Steffi und ihre Freundin Sharon haben einen solchen Zauberort gefunden. Eine neue Kolumne aus unserer Reihe “Zeichen der Freundschaft”.

Sie tanzt barfuß auf Zehenspitzen am Strand. Hinter ihr das Meer und die Sonne die langsam den Morgen einläutet. Die Strandparty auf der indonesischen Insel ist vorbei, nur noch ein paar Menschen sind geblieben. Jene die diese wunderbare Nacht nicht enden lassen wollen .
Ich sitze im Sand, beobachte sie, meine Sharon die mich, nachdem ich ein halbes Jahr auf Reisen war nun an meinem letzten Stopp besucht. Die Farben in die die aufgehende Sonne den Himmel taucht rauben mir den Atem. Der schönste Sonnenaufgang, die schönste Freundin. Ich rufe ihr zu, was sie da macht und ob die vielen Korallen am Strand nicht weh tun an den Füßen. Sie erklärt fröhlich, dass sie um jede Muschel herumtanzt . Es macht in diesem Moment Sinn. Ein Mupfeltanz kommt es mir.

Mupfel, das Wort, dass der Pinguin mit Sprachschwierigkeiten bei „Urmel aus dem Eis“ der Muschel gab in welcher er immer lag und die Welt beobachtete. Einen solchen Ort hatten wir zwei auch vor kurzem auf der Insel entdeckt. Versteckt zwischen Ästen, Sand und Bäumen, direkt am Strand. Dort lagen wir immer und freuten uns über diesen geheimen, verwunschenen Ort von welchem wir aus all das Treiben um uns herum versteckt beobachten konnten. Unsere Mupfel - ein schönes Wort, ein schöner Ort.

Ich glaube nicht, dass man mit jedem Menschen reisen kann. Aber mit Sharon würde ich ohne zu zögern und jederzeit in das nächste Flugzeug steigen.  Sie hegt die gleiche Abenteuerlust und ist genauso offen für neue Kulturen wie ich. Wir können stundenlange Unterhaltungen durch alle Themengebiete führen ohne, dass es langweilig wird. Haben beide kein Problem, wenn nicht jeder Tag auf Reisen vollgepackt mit Unternehmungen ist und wir stattdessen tagelang nur in unserer Mupfel liegen und Schokolade naschen.

Am nächsten Tag ist Sharon verwundert, weil ihre Füße so weh tun. Wir werfen einen Blick auf die schmerzenden Stellen und entdecken kleine Korallen die sich in die Fußsohlen gebohrt haben. Wir schütteln beide verwundert den Kopf, wie konnte das denn passieren? Trotz Mupfeltanz?

Von: Stefanie Manna

Foto: Yunus Hutterer

Von Freitag bis Freitag München: Unterwegs mit Jackie

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Es ist Frühling, Frühling in der Stadt! Jackie startet tiefenentspannt ins Wochenende und hat auch unter der Woche allerlei vor. Immer mit dabei: die Sonnenbrille, gute Musik und notfalls auch die Gummistiefel - und ja, vielleicht auch das ein oder andere Bier. München, du bist schön!

Grillen geht immer – so lautet mein Motto. Deshalb schlage ich am Freitag eine spontane Grillsession bei uns im Hof vor. Ein Muss: selbstgemachte Bärlauchbutter mit extra viel Knoblauch! Wir dinieren königlich und trotzdem bleibt am Ende wieder die Hälfte übrig. Mit vollen Bäuchen und einem Glas Aperol Sprizz mit Rhabarbersaft beschließen wir, eine Runde Schafkopf zu spielen. Und wie immer zahle ich am Ende die Runde. Aber das macht nichts, denn obwohl die Sonne schon lange untergegangen ist, wärmen die sonnenwarmen Steine noch meine nackten Zehen. Sonne, wie habe ich dich vermisst! Für alle, die nachts noch den Booty shaken wollen: Im STROM gibt’s Swing vom Allerfeinsten!

Es ist Samstag und die Sonne scheint. Perfektes Wetter also um raus an den Ammersee zu fahren und das Mausi zu besuchen. Für alle, die noch nicht das Vergnügen hatten: Mausi ist unser kleines, aber feines Segelbötchen. Und der perfekte Ort um die Seele mal so richtig durchzupusten. Nachdem die Sonne untergegangen ist und wir unseren Sundowner genüsslich ausgeschlürft haben, machen wir uns auf den Weg zurück in die Stadt. Nächster Halt: Nachtflohmarkt im Wannda Circus. Mal schauen, ob ich eine unnötige Kleinigkeit finde, an der sich kurzzeitig mein Herz erfreuen kann… Und weil wir dann immer noch nicht müde sind, machen wir uns auf zur Lost Weekend Open Stage. Mal sehen, was uns dort geboten wird! Beim nicht ganz so gutem Wetter empfehle ich: Den Haidhausener Hofflohmarkt. Denn Flohmarkt geht eigentlich immer und versteckte Winkel und Ecken sowie allerlei Kuriositäten entdecken sowieso. Schnappt euch ein Bier, einen lieben Menschen mit und los geht die Entdeckungsreise!

Am Sonntag macht das Wetter mir das einen Strich durch die Rechnung. Eine Frechheit, wie ich finde, aber es hilft ja doch nichts! Regenjacke an und raus. Mein Ziel: Das Import Export. Dort spielen heute Majmoon und Brave Young Years. Veranstaltet wird das ganze vom Online-Magazin Tapefruit. Für alle, die weniger Musik und mehr Fashion wollen: Heute findet auch noch der Stijl Designmarkt auf der Praterinsel statt. Viele junge Designer, die entdeckt werden wollen!

Meine letzte Woche im SZ-Turm hat begonnen. Mein Fazit: Spontane Entscheidungen sind meistens die besten. Ein besonderer Dank geht an dieser Stelle an Michael Bremmer. Und natürlich den Rest der Gang. Weil ich mir an diesem verregneten Montag aber keine Gedanken über meine Zukunft machen will, beschließe ich ins Ampere zu gehen. Dort spielen heute Radiation City. Eigentlich bin ich aber hier, weil ich mir mal die Vorband Blue Haze anhören will. Etwas düster, aber zum diesem Scheißwetter passt das hervorragend!

Schnibbeln, was das Zeug hält, heißt es für mich, das Geburtstagskind Rebecca und andere Kochwütige am Dienstag in der Glockenbachwerkstatt. Bei der Schnibbelparty wird nur Gemüse verarbeitet, das aufgrund von kleinen Schönheitsfehlern sonst in der Tonne gelandet wäre. Ein tolles und vor allem leckeres Konzept von der Glockenbachwerkstatt, rehab republic und foodsharing! Für alle, die es heute nicht schaffen: Weitere Termine sind der 31.05., 28.06., 26.07. und der 16.09.

Lyrik in entlegene Ort der Stadt tragen – eine großartige Idee, wie ich finde! Deshalb mache ich mich am Mittwoch auch auf ins Unter Deck. Dort steht heute das Autorenkollektiv JuLy in der Stadt auf der Bühne. Titel der Veranstaltung: Gedichte sind peinlich. Mit einem Bier mache ich es mir in einer Ecke gemütlich. Für alle, die mehr Lust auf Musik haben, habe ich aber auch einen Tipp: Das Closing Konzert der Reihe Schienen-Bus-Konzerte im Bahnwärter Thiel. Ich selbst spaziere nach der Lesung über den Viktualienmarkt Richtung Heimat. Zwischendurch verweile ich immer kurz um die wunderbare Stimmung mit meiner neuen Kamera festzuhalten. Ob die Fotos gut geworden sind? Ich weiß es nicht und es ist mir auch egal. Kurz vor dem Ziel beschließe ich, Björn und Vinz anzurufen, denn mir ist nach mehr Feierabendbier. Viel zu spät lande ich im Bett und überprüfe gefühlte 100 Mal, ob ich auch wirklich meinen Wecker gestellt habe. Sicher ist sicher!

Höchste Zeit mal wieder etwas zu backen! Deshalb beschließe ich am Donnerstag einen menschenfreien Abend einzulegen und versuche mich an einer Prinzregententorte. Versprochen ist schließlich versprochen! Dazu gibt’s besten Sound von meiner Neuentdeckung des Monats: K. Flay mit Wishing it was you.

Freitag ist mein letzter offizieller Arbeitstag und einer der letzten Tage um im Bahnwärter Thiel die Puppen tanzen zu lassen, deshalb schlüpfe ich in meine Tanzschuhe und schwinge mich auf meine alte Dame um die Wilde 13 zu entern. Hasta la vista, baby!

Ein Abend mit: Pour Elise

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Zusammen sind Hannes Oberbauer und Henny Gröblehner - sie 23, er etwas um die 30 - die Band Pour Elise. Dabei bewegen sie sich irgendwo zwischen Singer-Songwriter, Folk und Soul. Bei den Lieblingsgesprächsthemen sind sie sich daher auch einig: Musik, Musik, Musik. Und auch an der Bar bestellen sie beide gerne eine Weinschorle. Nur vor dem Kleiderschrank plant Henny mehr Zeit ein.

Hier beginnt mein Abend:
Hannes: Irgendwo im Glockenbach
Henny: Vor dem Kleiderschrank. Danach in die CooperaEva und das unfassbar leckere ‚pollo di limone‘ essen.

Danach geht’s ins/zu:
In die Milla.
Zur Loop Session von den Tribes of Jizu zum Beispiel.

Mit dabei ist immer:
Hannes: Freunde, Kippen, Feuerzeug
Henny: und mein roter Lippenstift

An der Bar bestelle ich am liebsten:
Hannes: Weinschorle, Bier, zu späterer Stunde GinTonic mit nem Schuss O-saW
Henny: Ja, Weinschorle geht immer. Und Gin Gin Mule - mega lecker!

Mein Lieblingsgesprächsthema:
Musik, Musik, Musik und die letzte Sendung Neo Magazin Royal diskutieren (und wie süß Dendemann ist)

Der Song darf auf keinen Fall fehlen:
Maschine - Bilderbuch und Fickt-Euch-Allee - Großstadtgeflüster

Mein Tanzstil in drei Worten:
Henny: einfach drauf los
Hannes: Laut, Schrill, Waldorf

Der Anmachspruch zieht immer:
Hannes: wird nicht verraten…. sonst is die Überraschung vorbei
Henny: Haha, den würde ich gerne hören! Anmachsprüche ziehen doch nie. Wenn das Interesse ernst gemeint ist und von einem sympathischen jemand kommt, entsteht eh von selbst ein nettes Gespräch

Meine dümmste Tat im Suff war:
Hannes: es gibt keine dummen Taten in der Nacht
Henny: doch, zum Beispiel der Klassiker: dem Exfreund schreiben. Mehrmals.

Das beste Katerfrühstück gibt`s im/bei:
Henny: Café Maria (beste Croissants der Stadt!)
Hannes: Tom im ‚München 72‘

Diesem Club/dieser Bar trauere ich nach:
natürlich dem großartigen Atomic und auch der Fraunhofer Schoppenstube, und das 59:1

Internetseite: www.pour-elise.com

Foto:

Freigeist sucht Freiraum

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Mit dem ewigen Berlin-Vergleich kann Daniel Hahn, 25, Gründer von Wannda Circus und dem Bahnwärter Thiel, wenig anfangen. Dennoch stört ihn das mangelnde kulturelle Angebot in München – und der Platzmangel.

Daniel Hahn, 25, wollte in seinem Leben schon vieles werden: Psychologe, Schreiner, Architekt, Sozialpädagoge. Geworden ist er eine Mischung aus Träumer und Macher, kurz: der Gründer vom temporären Club Bahnwärter Thiel und dem Wannda Circus. Neben zahlreichen Partys und kleineren Festivals hat Daniel seine beiden Projekten auch immer mehr um Theateraufführungen, Lesungen und Konzerte aller Art erweitert. Mit diesen Projekten kann Daniel seine Kreativität mit seiner Gastronomie-Affinität vereinen. Das einzige Problem: In München gibt es kaum freie Plätze, an denen Daniel dauerhaft mit seinem Zirkuszelt und seinem Bahnwaggon bleiben darf.


SZ: Viele sagen, der Bahnwärter Thiel ist voll Berlin. Ärgert dich das?
Daniel Hahn: Die Sache ist: Ich war noch nie in Berlin. Früher war mir dieser Vergleich ein bisschen peinlich, jetzt bin ich natürlich etwas stolz, weil es so ein kleines Gegenargument gegen Berlin ist. Wir machen nichts nach. Aber was heißt das schon, das ist voll Berlin?

Wenn es nicht Berlin ist, was ist es dann?
Mein Vater sagt zum Beispiel, das ist voll Amsterdam. Mein Vater ist so ein Alt-68er, und dieses Selbstangebaute, Zusammengewürfelte kannte er in seinen jungen Jahren, als er viel gereist ist, vor allem aus Holland. Ich glaube, das ist gar nicht so städtespezifisch. Solche Sachen gibt es nicht nur in Berlin, sondern überall. In Berlin hat man aber natürlich die Möglichkeiten.

Und in München nicht?
Wir suchen die ganze Zeit nach Plätzen und Orten, aber es gibt einfach nichts mehr. Und es wird sich auch nichts mehr auftun. Deshalb war mir klar: Ich muss das mit dem Zugwaggon jetzt machen.

Warum?
Ich weiß einfach nicht, ob es je wieder die Möglichkeit dazu geben wird. Dann sind wir auch schon bei dem Thema, ob die Leute sich dafür entscheiden würden, aus der Stadt rauszufahren. Denn es kann gut sein, dass die Kreativität und die Subkultur immer mehr aus dem Stadtzentrum verschwinden.

Woran liegt das?
Es ist natürlich provokant, das zu sagen, aber das Angebot in München ist zum Teil echt schlecht. Ein vielseitiges Kunst- und Kulturangebot tut sich in München schwer, weil die Möglichkeiten so begrenzt sind und es wenig Platz gibt. Dadurch, dass viele Projekte nur temporär existieren, ist es für viele Münchner nicht einfach, ihr Kulturbedürfnis zu befriedigen.

Hartes Urteil.
Es liegt aber nicht an mangelnder Kreativität in unserer Stadt. Wir müssen besonders Wert darauf legen, dass auch im zentralen Stadtgebiet Subkultur und Jugendkultur existieren können und nicht immer mehr aus dem Stadtbild verschwinden. Das ist sicher auch ein Grund, weshalb wir mit unserer Sache so erfolgreich sind, weil wir Bedürfnisse stillen, die in München bisweilen viel zu kurz gekommen ist.

Inwiefern?
Wir waren ja nie so richtig zentral, aber bis jetzt haben wir es immer geschafft, diesen Nachteil als Vorteil zu nutzen. Es ist halt total cool, wenn Leute zu einer Veranstaltung gehen, weil sie dahin wollen und nicht, weil sie in der Innenstadt von einem Laden in den nächsten stolpern. Jeder, der zu uns kommt, weiß, was ihn erwartet.

Raus aus der Stadt – ist das ein neuer Trend?
Ich glaube, die Leute brauchen es nicht unbedingt, dass alles am Sendlinger Tor ist, aber es gibt natürlich auch Leute, denen Allach zu weit weg ist. Aber ich glaube, für die Club-Veranstaltungen wäre es überhaupt kein Problem. Für die Theatervorstellungen und die Lesungen ist ein zentrales Gelände von Vorteil. Das ist aber immer ein Spagat für uns.

Warum müssen deine Projekte das Gelände in der Tumblingerstraße verlassen?
Weil der Biergarten und das Viehhof-Kino wieder hierhin kommen. Das war aber von Anfang an klar. Es gab eine städtische Ausschreibung. Da haben wir uns mit zwei Konzepten beworben, einmal mit Bahnwärter Thiel und einmal mit dem Märchenbazar-Weihnachtsmarkt.

Beide Konzepte wurden genommen.
Weil wir noch sehr jung sind, ist es nicht immer einfach, sich gegen große Agenturen und Firmen zu behaupten, deshalb hätten wir echt nicht damit gerechnet, dass es klappt.

Mit Wannda hast du dir aber doch schon einen Namen gemacht.
Es wird natürlich von Jahr zu Jahr einfacher. Am Anfang war es total schlimm, aber jetzt kennen die Behörden uns, die Politik kennt uns und alles hat immer gut geklappt. Ich hätte trotzdem gerade bei dieser Fläche nicht damit gerechnet. Umso glücklicher bin ich, dass es geklappt hat. Es geht aber immer alles so schnell, dass wir zum Genießen immer nur kleine Momente haben. Gleichzeitig ist es natürlich schade, dass es jetzt schon fast zu Ende ist.

Weißt du denn schon, wo die Reise hingeht?
Das wissen wir noch nicht. Für den Waggon suchen wir noch einen Platz, weil es zu schade wäre, den einzulagern. Mit dem Wannda Circus sind wir aber im Anschluss, also von Mai an, wieder in Freimann.

Du hast gesagt, in München tun sich keine neuen Orte mehr auf. Gibt es einen Plan B?
Ich bin ja schon zielstrebig, aber ich denke überhaupt nicht so richtig an die Zukunft. Ich habe natürlich ein paar Wünsche, aber ich bin da auch voll flexibel, weil ich einfach weiß, dass man sich da ein bisschen treiben lassen muss. Ich werde immer damit weiter machen, aber die Sache ist die: Es hängt alles von einem Ort ab.

Den es in München nicht gibt. Zieht es Dich nach Berlin?
Ich finde Berlin superspannend und ich werde auf jeden Fall auch bald mal hinfahren, aber ich mag München mega gerne. Ich glaube auch nicht, dass es am Ende so viel mit der Stadt zu tun hat.

Foto: Natalie Neomi Isser

Interview: Jacqueline Lang

Mein München: Fresenius Hochschule, Infanteriestraße

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Michael Hopfs große Leidenschaften sind das Fotografieren und das Reisen. Am liebsten fotografiert er auf seinen Reisen und daheim in München ungewöhnliche Momente, die inszeniert wirken und doch echt sind.

Michael Hopf, 22, sitzt in seiner Mittagspause mit seinen Kommilitonen auf dem Dach der Fresenius Hochschule in München. Die Sonne scheint und der Himmel ist fast wolkenlos. Nur eine einsame Wolke, wie aus weißer Watte, schwebt über einen Schornstein des roten Backsteingebäudes. „Ein Augenblick, der echt ist, aber inszeniert wirkt“, sagt Michael. Besonders ungewöhnliche Momente möchte er mit seiner Kamera einfangen, die daran erinnern sollen, dass „es noch mehr gibt als den grauen Alltag“. Geboren und aufgewachsen in Neuburg an der Donau, zog Michael 2013 zu Beginn seines Fotodesign-Studiums nach München. Doch obwohl er die Stadt wegen ihrer Gemütlichkeit und Ordnung liebt, fehlt ihm oft ein wenig Chaos. Die Lebendigkeit von Thailand zum Beispiel, ein Land in das es ihn immer wieder zieht. „Mein Hauptlebensziel ist es, diesen Planeten zu sehen“, sagt Michael. Im Frühjahr war er in Australien. Davor in China, Südostasien und in Nordamerika. Von jedem Abenteuer bringt er Eindrücke mit.  Für seine nächste große Reise spart er schon. Es soll nach Japan gehen.

Von: Stefanie Witterauf

Helfen mit Herz

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Sherin Dahi, 25, unterstützt mit ihrem gemeinnützigen Verein Spendahilfe syrische Flüchtlinge an der türkisch-syrischen Grenze.

Sherin Dahi, 25, ist nicht besonders groß. Auch der zaghafte Händedruck in Kombination mit dem Schal in Burberry-Farben hilft da nicht. Doch der erste Eindruck täuscht: Sherin ist nicht nur Personaldienstleisterin, sondern auch die erste Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins Spendahilfe– ein Verein, der Flüchtlinge an der türkisch-syrischen Grenze unterstützt.

Im Vereinsnamen ist der Name ihrer Familie versteckt: Dahi. Und gleichzeitig das Herzblut der gesamten Familie. Vom Vater, der für das Projekt an die türkisch-syrische Grenze gezogen ist und seine eigene Familie nur noch selten sieht, über die Mutter, die die Fäden im Hintergrund zusammenhält und moralische Stütze ist, bis hin zum 17-jährigen Bruder, der neben der Schule vor allem in Deutschland aktiv für den Verein tätig ist. Und eben die unzertrennlichen Schwestern Yasmin und Sherin.

Sherin, die Deutsche mit den syrischen Wurzeln. Sherin, die zweisprachig aufgewachsen ist und Phonetik und mündliche Literaturwissenschaften studiert hat. Sherin, deren Familie ein Vorzeigebeispiel für gelungene Integration ist. Sherin, die jedes Jahr ihre Sommerferien in Syrien verbracht hat. Bis 2012 die Grenze zwischen der Türkei und Syrien geschlossen wurde und ihr Vater an die Grenze fuhr, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Schnell war danach allen klar: Es muss geholfen werden. Zunächst mit Sachspenden, als die Lage aber immer prekärer wurde, begannen langsam größere Projekte zu wachsen.

Seit der offiziellen Gründung des Vereins 2014 hat Spendahilfe elf Projekte in der türkischen Grenzstadt Kilis ins Leben gerufen. Unter anderem ein Waisenhaus, die Brotverteilung an 500 Familien, eine Frauenwerkstatt und ein Flüchtlingslager auf syrischer Seite. Ihre Hilfe richtet sich dabei vor allem an Kinder und Frauen. Jene, die am wenigsten für den Krieg können und seinen Folgen am schutzlosesten ausgeliefert sind.

Ihr jüngster Schützling war bei der Ankunft zwei Monate alt. Von Hand zu Hand wurde das kleine Mädchen weitergereicht und hat den Weg über die Grenze ins Waisenhaus gefunden. Seitdem sind zwei Jahre vergangen und noch immer hat sich niemand gemeldet, der das Mädchen sucht. Es sind solche Geschichten, die Sherin auch nach all der Zeit immer noch das Herz brechen. Vor allem bestärken sie sie aber in ihrem Glauben, das Richtige zu tun.

Wie aber werden die Projekte ausgewählt und umgesetzt, die Menschen wie dem kleinen Mädchen zugutekommen sollen? Sherins Papa ruft an, und sagt, dass die Jungs gerne Fußball spielen würden und fragt, ob es Geld für Bälle und Trikots gibt. Ohne langes Zögern sagt Sherin Ja. Ihr Vater bezeichnet sie deshalb als Herz des Vereins. Denn natürlich gibt es nicht unbegrenzt Kapazität, aber irgendwie findet Sherin meistens einen Weg. Und das alles ohne unnötigen Papierkram und zeitintensive Bürokratie. Schließlich sind sie eine Familie. Da reicht manchmal eine kurze Nachricht oder ein vielsagender Blick. Und innerhalb von nur drei Tagen entsteht dann ein neues Projekt.

Bis auf den Vater, der die meiste Zeit in Kilis ist und die Organisation vor Ort übernimmt, leben alle Mitglieder der Familie Dahi noch in Kirchheim bei München. Alle unter einem Dach. Gesprächsthema Nummer eins ist immer der Verein. Nur mit ihrem Freund, den sie noch in diesem Jahr heiraten wird, kann Sherin über etwas anderes reden. Diese Grenze ist ihr wichtig, denn auch sie muss manchmal abschalten. Obwohl sie nicht von der „sozialen Welt abgeschottet“ lebt, weiß Sherin doch, dass Freunde und Partner manchmal zu kurz kommen. Umso dankbarer ist sie, dass sie einen Mann an ihrer Seite hat, der ihre Leidenschaft versteht und sie in ihrem Tun unterstützt. Anders würde es nicht funktionieren.

Urlaub können die beiden zum Beispiel nie machen. Denn Urlaub heißt in Sherins Fall: ab nach Kilis, die Kinder besuchen. Wenn Sherin dann wieder nach Deutschland kommt, braucht es Zeit, bis sie die vielen Bilder verarbeitet hat. Und obwohl das manchmal hart ist, sagt sie ganz klar: „Ich brauche diese zwei Welten.“ Besonders hart ist es, wenn sie dann sofort ein Meeting hat und präsent im Job sein muss und doch gleichzeitig immer noch die vielen Kinder vor Augen hat, die ihre Hilfe brauchen. Aber auch das hat Sherin mit der Zeit gelernt: ihre Gefühle zu kontrollieren.

Mit ihrem eigenen Engagement möchte Sherin anderen jungen Leuten zeigen, dass es möglich ist, etwas zu verändern. „Nicht wollen, sondern machen“ lautet ihre Devise. Klingt einfach – und wenn es nach Sherin geht, ist es das auch. Mit ihrer Schwester Yasmin hat sie mal ausgerechnet, dass sie gemeinsam schon circa 700 Syrern zu einem besseren Leben verholfen haben. Sherin Dahi ist eine kleine Frau, die eine große Leistung vollbringt.

Foto: Natalie Neomi Isser

Von: Jacqueline Lang

Stadt-Land-Rock-Festival 2016

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Es ist wieder soweit: Das Stadt-Land-Rock-Festival geht in eine neue Runde. Tolle Münchner Bands - teils bereits beliebt und bekannt, teils wunderbare Neuentdeckungen - werden im Juli für drei Tage auf dem Tollwood spielen. Der Eintritt ist wie immer frei.

Vertigo 

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Herz trifft auf Schmerz: Alternative-Rock mit harmonischen Riffs und eingängigen Melodien, die an Bands wie Kings of Leon und Coldplay erinnern

The Black Submarines  

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Leiden trifft auf Hoffnung: Eine mehrstimmige Kombination aus atmosphärischen Blues und Rock mit einer ordentlichen Portion Gitarre

The Charles  

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Hardrock trifft auf Chorsänger: Temporeicher, energischer, durchaus breitbeiniger Rock mit einem Frontmann der Extraklasse:  Xavier Darcy

Paul  Kowol  

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Milky Chance trifft auf Milky Way: Brauner Wuschelkopf, rhythmische Gitarre und schmusige Wohlfühlsongs – so tröstend wie ein Schokoriegel

SweetLemon 

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Pop trifft auf Jazz:  Zwei Schwestern mischen Zitate klassischer Musik in ihre Songs und brillieren mit ihren großartig volumenreichen Stimmen

Mola 

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Pumpende Bassdrum trifft auf pulsierendes Leben: Experimenteller Electro-Pop mit einer Hommage an starke Frauen, die sich nicht verstellen wollen

Nick Yume  

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München trifft auf London: Souliger, reduzierter Indie-Pop mit melancholischen Texten über die Suche nach dem eigenen Platz in dieser Welt

Clea Charlotte

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Süßer Herzschmerz trifft auf Sommerliebe: Melancholischer Folk-Pop mit zarter, anmutiger Stimme und berührend ehrlichen Texten

Line Walking Elephant

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Boy Band trifft auf Balladen: Indie-Rock - mal tanzbar, mal hymnisch, mal kommerziell: So vielseitig kann moderner Folk sein

The Red Aerostats 

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Elton John trifft auf Entschleunigung: Einfühlsamer Folk-Rock mit melancholischen Songs, die zum Tagträumen einladen

Ludwig Two

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Verspielter Rock trifft auf Discokugel: Schneller Indie mit viel Gefühl und Tiefgang – inspiriert von Coldplay, The Killers oder Radiohead

KLIMT 

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Melancholie trifft auf wütenden Pop: Die rauchige Stimme der Sängerin von The New Colossus mit genau der richtigen Portion Soul im Blut

Fotos: Nick Yume: Keno Peer
Vertigo: Laura Fiona Holder Photography
Mola: Kokutekeleza Musebeni
The Black Submarines: Philip Decker
The Red Aerostat: Marc-Henri Ngandu - Croco & Co
Clea Charlotte: Kai Neunert - Fotografie
The Charles: Janko Raseta
Ludwig Two: Ludwig Two
Line Walking Elephant Foto: Lennart Heidtmann
Sweet Lemon Foto: Simon Gehrig
Paul Kowol: Tom Kowol


Band der Woche: DEMO

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Eduard Demaceks Soloprojekt nennt er selbstbewusst DEMO. Dahinter steckt detailreiche Präzisionsarbeit. Zusammen mit Gastmusikern wie Stefan Zinsbacher am Piano und der Sängerin Kathleen Arnal nun elf Songs für seine erstes Album “This is for you” aufgenommen - zu hören ist sie bislang nur online.

In prä-digitalen Zeiten haftete dem Demo im musikalischen Kontext etwas Mystisches an. Denn Demos waren die geheimen Aufnahmen von Bands, die vor den eigentlichen Album-Aufnahmen entstanden sind und in denen – oft in mieser Qualität – die vermeintliche Essenz eines Songs, die dieser in überproduzierter Form auf dem Album verloren hatte, spürbar war. Es gab regelrechte Serien von sogenannten Bootleg-CDs, auf denen diese Demos auf unergründlichen Wegen zusammengeklaubt worden waren. In Schatzsucher-Manier konnte man die dann in seltsamen Eigenpressungen auf Flohmärkten entdecken. Ob sie dann hörbar waren, war eine andere Frage. Doch der mystische Rahmen der Demos reizte auch die Künstler selbst. So gab es auch immer wieder offizielle Veröffentlichungen von Demo-Versionen. Als B-Seite zur Single des Songs. Oder auf großartigen Alben als Demo-Sammlungen, die in abgewracktem, dumpfem und wunderbar nahbarem Klang als künstlerische Rebellion gegen die Industrie daher kamen. Mit der Veröffentlichung von Musik im Internet sowie den deutlich besseren Home-Recording-Möglichkeiten verloren Demos ihre Mystik und ein wenig auch ihren Sinn.

Der Wahlmünchner Eduard Demacek begibt sich also in einen popkulturelles Sagenfeld des rebellierenden Understatements, wenn er sein Solo-Projekt Demo nennt. Doch so unfertig und skizzenhaft, wie der Name vermuten lässt, ist diese Musik überhaupt nicht. Vielmehr hat der gebürtige US-Amerikaner, der die Münchner Szene zuvor etwa ein Jahr lang mit seinem Kumpanen Alex Strazdins als Cisnes leuchten ließ, ein reifes Album geschrieben. Unter dem Namen „This is for you“ hat er es bisher ausschließlich im Internet veröffentlicht. Doch die Musik geht auf überraschende Weise weit über die Attitüde hinaus, mal kurz seine Skizzen im Internet hochzuladen und so zu tun, als sei die hingeworfene Produktionsweise etwas, auf das die Welt gewartet habe.

Eduards Musik ist völlig anders: Denn es steckt detailreiche Präzisionsarbeit darin. Hektische Beats, die an Animal Collective erinnern, treffen auf Eduards Gesang und Gitarrenspiel. Elf Songs sind es geworden, bei denen Gäste wie der Münchner Stefan Zinsbacher am Piano oder die US-amerikanische Sängerin Kathleen Arnal auftauchen. Da passt auch Eduards Erklärung für seinen ungewöhnlichen Bandnamen: Das sei sein Spitzname zu Highschool-Zeiten gewesen – und zwar, weil er beim Skateboard-Fahren die Tricks eben so ausgesprochen gut demonstriert hätte.

In München arbeitet Eduard mittlerweile als Zahntechniker. Und dass seine Musik so durchdacht und gereift klingt, könnte auch mit seinen Erfahrungen in den vergangenen Jahren zusammen hängen. Mit Alex Strazdins gründete er 2011 das Lo-Fi-Duo Fjords, das die beiden später in Cisnes umbenannten und mit dem sie mit Ukulele und Tropen-Beats seltsam verschrobenen und etwas dumpfen Dream-Pop schufen. Weil das ziemlich angesagt war zu der Zeit, machte Eduard dann mit dem Ende seiner Ausbildung erst einmal nur Musik, es schien ganz gut zu laufen. Doch als sein Bandkollege Alex schließlich nach Berlin zog, wurde es Eduard zu unstet. Er begann in seinem Job zu arbeiten und schrieb nebenbei an seinem Album. Über ein Jahr hinweg nahm er verschiedenen Spuren auf. Schließlich entstand Musik, die popmusikalische Trends kennt, aber verbindlicher und etwas ernster klingt als das, was er mit Cisnes gemacht hat. Die haben sich im übrigen auch nicht aufgelöst. „Cisnes ruhen nur gerade“, erklärt er. Und so lange kümmere er sich um Demo.  

Stil: Indie-Pop
Besetzung: Eduard Demacek (Produktion, Songwriting)
Aus: München
Seit: 2015
Internet: eddemo.bandcamp.com

Foto: Max Walker

Von: Rita Argauer

Neuland: LOOK

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Eigentlich waren Fotos von Musikern geplant - am Ende sind es Portraits von ganz normalen Menschen geworden - darunter viele Freunde, aber auch völlig Fremde. Entstanden ist daraus der Bildband LOOK.

Simon Mayr, 23, studiert im achten Semester Fotodesign. Statt einer Projektarbeit hat er sich im vergangenen Semester für ein freies Projekt entschieden. Anfangs war der Plan, Musiker im Studio oder bei Auftritten zu fotografieren. Nachdem das aber zeitlich schwierig geworden wäre, hat Simon kurzerhand sein Konzept geändert und erst in Berlin 15 Personen fotografiert und dann innerhalb von drei Tagen in München noch einmal 30 Personen am Stück.

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Für jeden Menschen – egal ob Freund, Fremder oder professionelles Model – hat sich der junge Fotograf eine Stunde Zeit genommen: Eine halbe Stunde hat er sich mit ihnen unterhalten, eine halbe Stunden hat er sie fotografiert. Vorgaben an Aussehen und Alter hatte Simon keine. Er wollte, dass die Menschen kommen, wie sie sind. Manchmal ist es nicht leicht, in so kurzer Zeit eine Person einschätzen zu können und eine Idee für ein Foto zu bekommen. Manche quatschen erst mal drauf los und haben selbst Vorstellungen davon, wie das Foto aussehen soll, andere sind schüchtern und fragen, was sie machen sollen. Das Werk LOOK hat Simon zu einem Bildband binden lassen.

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Fotos: Simon Mayr

Von: Jacqueline Lang

Zeichen der Freundschaft: Innstraße 22

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3 Zimmer, Küche, Bad. Vor allem aber eine Küche. Eine Küche in der immer ein Bier im Kühlschrank steht und in der es immer nach Heimat riecht. Sie war während des Studiums das Zentrum von Jackie und ihren Freundinnen. Ob es so einen Ort in der Zukunft wieder geben wird? Träumen muss erlaubt sein. Eine weitere Kolumne aus der Reihe “Zeichen der Freundschaft”.

Seit zwei Jahren trennen uns mehr als ein paar Wände, manchmal sogar ein ganzer Ozean. Wo steckst du gerade? Indien, aha. Niemand von uns kennt den Typ mit dem du gerade schläfst. Seit wann erzählen wir uns unser Leben nur noch in Anekdoten? Warum hat der Alltag in unseren Leben so viel Platz und die wichtigsten Menschen so wenig? Wir saßen in der Küche und mussten nichts sagen, nichts fragen - und wussten doch alles von einander. Jetzt müssen wir uns jedes Mal erst neu definieren. Manchmal ist das anstrengend. Aber eines zumindest weiß ich: Ihr werdet es immer wert sein. Und vielleicht, ja vielleicht, leben wir irgendwann alle gemeinsam auf einem Bauernhof, bauen unser eigenes Gemüse an, trinken zu viel Wein in der Küche und lachen über früher. Träumen muss erlaubt sein.

Anfangs nur eine Wohnung in einer noch fremden Stadt. Nach drei Jahren Studium mehr als nur 3 Zimmer, Küche, Bad.  Und ein Klo. Vor allem aber eine Küche.

Die Ausflusstabelle an der Klotür klärt auf: Bröckelig, grün-schleimig, übelriechend? Im Zweifelsfall hat man wohl einen Fremdkörper vergessen. Haben Sie das schon länger? Dank Eva wissen wir bestens Bescheid. Wir und der ein oder andere Untermieter und Informatiker. Kann schon mal passieren, wenn man nichts ahnend in der Wohnküche sitzt und eigentlich nur Ändys Linseneintopf mit veganen Würstchen und schwäbischen Spätzle genießen will. Irgendwann schlurft dann schließlich auch Sabine durch die Küchentür. Tiefe Augenringe in Kombination mit verlaufener Schminke  skizzieren unscharf die Bilder in unseren bleischweren Köpfen. Geht es dir gut? Ja klar, äh nein, ich meine Jein. Kein Abend an dem wir uns für dieses Lied nicht auf die Tanzfläche kämpfen. Auf die Playlist in der CAM ist immer Verlass. Ari kommt, Amaretto und Apfelsaft unterm Arm. Wir werden halt nicht älter, sondern besser. Und selbst wenn nicht, es ist uns egal. Denn wir haben ein Stück Heimat in der Fremde gefunden.

Einen Ort, an dem immer ein Bier im Kühlschrank steht. Für den Fall, dass das Leben grausam ist und wir uns gegenseitig Alkohol als Medizin verschreiben. Oder um auf das beste aller Leben anzustoßen. Ein Ort, an dem es immer nach Essen riecht. Für den Fall, das wir Heimweh bekommen. Oder wenn das Leben unseren Hunger nicht stillen kann. Einen Ort an dem immer jemand auf einen wartet. Für den Fall das man reden oder schweigen, die Welt umarmen oder verfluchen will. Für manche mag es nur eine Küche sein, für Eva, Ändy, Sabine, Ari und mich war es drei Jahre lang das Zentrum unserer Freundschaft.

Von: Jacqueline Lang

Foto: Yunus Hutterer

Von Freitag bis Freitag München: Unterwegs mit Matthias

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Ziemliche Schnapsidee, seine Bachelorarbeit im Sommer schreiben zu wollen, denkt Matthias. Aber es hilft ja nichts! Trotz Bachelorstress bleibt ihm aber noch Zeit für ein paar Veranstaltungsvorschläge.

Ich wache am Freitag auf, ich gehe duschen, ich zieh mich an. Zwiebelprinzip, und Wollpulli sowieso. Gestern hat es geschneit, ich geh auf Nummer sicher. Die Tagesschau redet zwar von Sonne und zweistelligen Plusgraden, aber ich traue keinem Wetterfrosch mehr. Heiß wird es heute erstmal in der Bibliothek – ich bacheloriere dieses Semester. Wenn es das Wort noch nicht gibt, ich hätte das dann gerne. Das finde ich nur angebracht, so zum 400. Todestag von Mister Shakes. Der Gute hat das ja auch gemacht. Wäre heute der 402. Giesinger Bandcontest, würde man Will.I.Am Shakespeare vielleicht auch noch unter den Gewinner finden. Es ist aber erst der 2. – dennoch, auch im Giesinger Bahnhof scheint es heute Abend heiß zu sein. 5 Bands, ein Sieger – wird eventful. Kommt übrigens vom Shaker, das Wort..

Erkenntnis am früh-bis-späten Samstagnachmittag– ich bin nicht oft genug in Giesing. Ich weiß nicht warum. Ich nehm mir vor, das zu ändern. Aber nicht heute – heute schaue ich mir erst mal an, wie die Bayern Meister werden. Ist mir eigentlich sehr egal, aber wegen dieser Hummels-Sache bestimmt belustigend. Egal. In der U-Bahn erste FCB-Trikots mit Hummels drauf. Auch egal. Ohne Pep Guardiola ist die Bundesliga nächstes Jahr trotzdem wieder erträglich. Apropos erträglich – ich mag Hiphop, auch deutschen. Aber oft ist der sehr unerträglich, Kollegah und Konsorten sind jetzt nicht so mein Ding. Aber Fatoni find ich gut, auch wenn ich kein Experte bin. Ich geh trotzdem hin. Yo, Fatoni.

Sonntag, 1. Mai, halb zehn in Deutschland – ich mach mich auf den Weg zur Kirche. Macht man so, oder? Dann Schweinebraten zum Mittagessen, als Nachtisch ein bisschen randalieren. Macht man auch so, oder ? Vielleicht bin ich im falschen Film. Keine Randale, und in einer Kirche war ich zuletzt als Grün noch regiert hat. Nachtisch gibt’s trotzdem – Open Air am Viehof, der Bahnwärter fährt ab. Letzter Halt Closing, schreibt er – musikalisch unterstützt von DJ-Prominenz aus und nicht aus München. Ich hab kein Ticket – aber Schwarzfahren ist sicher billiger als bei der MVG.

Montag ist Schontag, das hat ein weiser Mann mal gesagt. Klar – irgendwo muss man ja die Feiertage nachholen, die auf ein Wochenende fallen. Heute ist also noch mal erster Mai – zumindest was das Programm in der sozialen Welt angeht. In der sozialwissenschaftlichen Welt gibt es keine Feiertage, ich muss weiter bachelorieren. Ab in die Bib. Ich beschäftige mich mit EU-Sanktionen gegenüber einer kleinen Diktatur östlich von Europa. Russland ist doch keine Diktatur, höre ich von irgendwo. Und wenn, dann keine kleine!, schreit ein anderer. Ach – ja dann, dann hab ich nichts gesagt. Weiter im Text.

Apropos – auch in der EU laufen da paar Dinge aus dem Ruder. Pressefreiheit, zum Beispiel. Nein, ich rede nicht von Böhmermann. Öffentlich-rechtliche Medien in Polen an der Leine, restriktive Mediengesetze in Ungarn. Hochspannendes Thema, und gefährlich noch dazu. Der BR sieht das ähnlich, und lässt am Dienstag zu dem Thema diskutieren. Ich diskutiere mit – bis sich wieder alles um Schmähkritik dreht. Davon hab ich die letzten Wochen genug gehört. Von William Cohn hingegen nicht– der fehlt mir, wer hätte gedacht. Das ist bitter. Bei dem hab ich mir Woche für Woche neue Fashioninspiration geholt. Für die Wollwesten des heute-Show-Typen bin ich einfach noch nicht bereit…

Am Mittwoch wird das Wetter wieder besser. Es wird auch Zeit, es ist Mai – aber gut. Ich hab erstmal nichts davon, ich hab Bachelorseminar. Aber auch das ist ja irgendwann vorbei – danach geh ich mal zur Stroke. Ich weiß, ich weiß, da geht es um Kunst, nicht um Essen – bloß, ich hab jetzt Hunger, und daheim nichts im Kühlschrank. Foodtrucks sind zwar überteuert, aber dafür stimmt das Rahmenprogramm. Kunst, Design – eigentlich nicht so mein Ding. Darum geht’s doch nicht, sagt mir jemand. Stimmt, ich guck einfach überall ein bisschen – an Alternativen mangelt’s ja nicht. Die Pizza schmeckt auch gut - so einen 90-Sekunden-Pizzaofen bräucht ich auch zuhause. Ich schnapp mir ein Poster –beginnt hier meine Karriere als Kunstsammler ? Wer weiß, wer weiß…

Der Bauch tut mir weh. Ich hab noch ein paar Pizzen gegessen – die sind nämlich nicht nur ziemlich teuer, sondern auch ziemlich klein. Ich muss verdauen, das macht man am besten beim Filme gucken. Heute, am Donnerstag, beginnt das dok.fest– das Dokumentarfilmfestival in München. Und wie das in München so ist, muss sich erst mal wieder mit Berlin beschäftigt werden. Also : Eröffnungsfilm über die Hauptstadt, begleitet vom Münchner Kammerorchester, nicht dem Berliner. Die wollten nicht – also, spielen schon, nur nach München nicht. Egal. Die nächsten 10 Tage wird so einiges geboten. Ich freue mich besonders auf Genk Up, das Regiedebüt von Freestyle-Fußballer Sven Fielitz. Davon mal abgesehen mache ich es wie jedes Jahr – Programm ausdrucken, blind auswählen, überraschen lassen – Vorhang auf, bitte !

Lange Woche, denk ich mir. Es ist Freitag und ich bacheloriere wieder. Letzte Woche hat es noch geschneit, auf einmal sind es fast zwanzig Grad. Warum wollte ich die Arbeit nochmal im Sommer schreiben ? Naja, ich bleibe diszipliniert. Ich lasse mich nicht ablenken. Weder Grill- noch Beachvolleyballsaison werden heute eröffnet ! Das Handy klingelt, der Mitbewohner ist dran. Mein Kampf ist hart, unerbitterlich, und kurz. Flauchersaison eröffnen – gut, daran hatte ich nicht gedacht. Ich versuche abzulehnen. Ich sage Nein. Dann packe ich mein Zeug, die Sanktionen gehen zurück ins Regal und ich setz mich auf mein Radl. Reichenbach-, dann Wittelsbacherbrücke. Isarauen, Flaucher, schnell noch zum Edeka. Der Sommer fängt an - danke, dass du wieder da bist !

Die SZ Junge Leute Spotify Playlist im April

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Neuer Monat, neue Playlist. Und wie immer ist der Mix unserer Autorinnen und Autoren bunt. Von Geheimtipps von Freunden, über ungewöhnliche Cross-Genre-Kombinationen bis hin zu unaussprechlichen amerikanischen Bands – es ist aus jeder auch noch so abgefahrenen Ecke was dabei. 

K.Flay - Wishing it was you

Auf Musik-Empfehlungen von guten Freundinnen ist ja eigentlich immer Verlass. So auch in diesem Fall: K.Flay ist absolut grandios. Die Mischung aus Hip-Hop, Elektro und Indie kann man laut aufdrehen und leise genießen. Danke Ari!

Jacqueline Lang

Isolation Berlin – Alles grau

Ich gehe eher selten auf Konzerte. Ich höre kaum deutschsprachige Musik, von Hip-Hop mal abgesehen. Trotzdem habe ich Isolation Berlin dieses Jahr schon zwei Mal live gesehen. Es waren wunderbare Abende. Glückstrunken und völlig verschwitzt vom ganzen Gespringe und Getanze sind wir Heim gegangen. Irgendwie übt der Rock-Pop-Mix der Hauptstadt-Band etwas auf mich aus, dessen ich mich nur schwer entziehen kann. Da ist der Schmerz in der Stimme von Sänger Tobias Bamborschke – wie er auf schräge und doch wieder genau passende Weise singt „Ich hab endlich keine Träume mehr“. Das ist melancholisch, manchmal wütend, macht mir aber trotzdem wahnsinnig Spaß. Also, Jungs, wenn ihr das nächste Mal hier seid: Ich steh in der ersten Reihe.

Carolina Heberling

Explosions In The Sky - The Ecstatics

Am 1. April ist auf Spotify das neue Album „Wilderness“ von der amerikanischen Postrock-Band „Explosions In The Sky“ erschienen. Meine Meinung, dass Songs ohne Gesang keine richtigen Songs sind, habe ich durch „Explosions In The Sky“ restlos widerlegt: Keine andere Band schafft es, mich durch bloße Instrumentalmusik so zu berühren. Der neue Song „The Ecstatics“ läuft bei mir bereits rauf und runter. Er wirkt beruhigend und lädt zum Träumen ein, ein anderes Mal stimmt er mich etwas nachdenklich. „The Ecstatics“ ist perfekt für verregnete Aprilabende.

Barbara Forster

HONNE feat. Izzy Bizu - Someone that loves you

Das britische Duo HONNE hat sich in den letzten zwei Jahren mit feinem Electronic-Soul einen Namen gemacht. Ihre neueste Single ist da etwas anders als die bisherigen EPs: James und Andy haben sich Izzy Bizu an Bord geholt, die schon mit Sam Smith und Rudimental getourt ist. Ihre Musik ist poppiger als die Tracks der beiden Produzenten - und das bringt Izzy Bizou zum gemeinsamen Song „Someone that loves you“ mit. Das heißt: Weniger warme, sinnliche Klänge,aber ihren typischen entspannten Elektro-Sound verlieren HONNE dabei trotzdem nicht. Das Duett von Izzy und Andy schafft die Gratwanderung, gleichzeitig die „alten“ Fans nicht zu enttäuschen und der Musikwelt zu zeigen, dass man auch vor Pop-Publikum bestehen kann.

Elisabeth Kagermeier

The Last Shadow Puppets – Standing next to me

Diese Rubrik geht ja eigentlich um aktuelle Musik – aber wer hört ein Album das grad erst erschienen ist schon rauf und runter? Ich nicht, eher im Gegenteil. Zum Beispiel hat mich der März-Song von meinem Kollegen Philipp dazu gebracht, die alte „Age of the Understatement“ – Platte von den Last Shadow Puppets wieder auszugraben – guess what? Das Teil ist immer noch genauso gut wie beim ersten Anhören (was übrigens bestimmt drei oder vier Jahre nach Erscheinen der Platte war…). Also lief „Standing next to me“ die letzten Wochen wieder regelmäßig auf dem iPod – richtig, auf dem iPod. Das Lied ist ja schließlich auch acht Jahre alt…

Matthias Kirsch

Pvris - You and I

Ich gebe zu, manchmal bin ich muffelig. Bei aller Liebe möchte ich manchmal nach zehn Stunden historischer Fachliteratur über die bürgerliche Kleinfamilie sogar an einem Freitagabend mit dem Kopf gegen die Wand und nicht in irgendeinen hippen Münchner Club rennen. Sehr zur Freude meines Kopfes habe ich im April aber den perfekten Stimmungsloch-Überbrücker gefunden: „You and I“ von einer amerikanischen Band, deren Name ich mich nicht auszusprechen traue (Pvris). Der Song hat so viel Schwung, so viel Kraft und so viel Ausdruck in sich, dass ich bei jedem Mal Hören noch ein bisschen lauter aufdrehen möchte, und schon in meinem Zimmer anfange zu tanzen.

Theresa Parstorfer

Damien Jurado - And Loraine

Manchmal ist man seiner Zeit einfach voraus. Anfang der Neunziger nahm der Singer-Songwriter Damian Jurado erste Platten auf, Ende der Neunziger war der Musiker aus Seattle Liebling der Musikjournalisten - einzig: Den Hörern da draußen hat das damals nicht sonderlich interessiert. Aber künstlerische Bedeutsamkeit misst sich ja in anderen Dingen. Der Dark-Folk von einst ist vergessen, auf dem aktuellen Album “Visions of us on the Land” zeigt er sich - gut: nicht fröhlich, aber düster-optimistisch. Ein Visionär.

Michael Bremmer

Tim Bendzko – Keine Zeit

Die Welt kann heute jemand anders retten, die Rolle der ich-muss-nur-noch-kurz-die-Welt-retten- Superheldin darf heute gern mal jemand anders übernehmen. Ich habe einfach mal “Keine Zeit”! Dieser Song von Tim Bendzko passt so gut zu den ersten Sonnenstrahlen, zur unbeschwerten Stimmung in der Stadt. Für 3 Minuten und 19 Sekunden entfliehe ich mit diesem Lied dem Alltagsstress und mache einen musikalischen Kurzurlaub!

Stephanie Albinger

Edward Sharpe & the Magnetic Zeros – The Ballad of Yaya

Auf dieses Album warte ich jetzt schon seit Jahren – Und endlich ist es da: Person A, die neue Platte von Edward Sharpe & the Magnetic Zeros. Die Band von Alex Ebert hat das Image einer fröhlichen Hippie-Kommune, einschließlich Drogenexzesse des Frontmanns, die in regelmäßigen Entzügen enden. Und von vorne beginnen. Eine Kultfigur, in deren Musik man das Auf und Ab eines Musikerlebens hören und fühlen kann. Die Musik die Ebert schreibt ist großartig, überraschend, mitreißend, lebenslustig und tieftraurig. Das neue Album macht da keine Ausnahme. Einen bestimmten Song auszusuchen fällt da schwer, denn sie sind alle so verschieden und damit Teil eines Gesamtwerkes, das irgendwo zwischen 70ies Folk, Musical und psychedelischen Sounds schwebt. The Ballad of Yaya vereint aber letztendlich alles, was ich an dieser Band so gerne mag, und fasst die musikalische Essenz des Albums als krönender Abschluss zusammen.

Marina Sprenger

Siriusmo - Ick hab wat bessret vor

Ab und zu krame ich mich durch meine Plattensammlung und mache mich auf die Suche nach vergessenen Juwelen. Bei Siriusmo musste ich diesmal stoppen. Siriusmo ist schon lange kein Geheimtipp mehr, und das zu Recht! Der Berliner Produzent macht Techno Musik. Doch anders als die anderen. Ich würde das Ganze als „gute Laune Techno“ beschreiben. Vor allem der Song „Ick hab wat bessret vor“ macht richtig viel Spaß. Ein Song wie geschaffen für den schön-Wetter-Hoffnungsträger Mai!

Yunus Hutterer

Kytes – I Got Something

Schon die „Debüt“-EP von den Kytes hat mich umgehauen und jetzt legen sie mit ihrer neuen Single „I Got Something“ nach. Nach dem ersten Mal hören direkt Ohrwurm, nach dem mittlerweile x-ten Mal wahrscheinlich mein Lieblingssong von den sympathischen Münchnern. Hier die ganz klare Empfehlung die Jungs im Auge zu behalten und so schnell wie möglich live bei einem der nächsten Anlässe zu sehen. Denn gerade erst waren sie beim SXSW in Texas, die Gelegenheiten die Kytes live und in der Nähe zu bewundern könnten also schnell rapide abnehmen, spätestens wenn endlich das Album da ist…

Philipp Kreiter

Steaming Satellites – Move On

Österreichs Musik-Szene ist spätestens seit Wanda und Bilderbuch wieder auf dem Radar aller Indie-Fans. Auch die Salzburger Band Steaming Satellites sollte eigentlich längst mit jenen in einem Atemzug genannt werden, obwohl es geradezu den Anschein macht, dass ihnen selbst ganz recht ist, dass das nicht der Fall ist. Lieber entspannte Ochsentouren durch kleine Clubs, als ausverkaufte Hallen. Lieber nach dem Konzert mit den Leuten quatschen, als sich im Backstage verstecken. Wenngleich ihre Musik eindeutig das Potential dazu hätte, versuchen sie, ihren alternativen Indie-Charme in jeder Hinsicht zu wahren und alles Poppige zu vermeiden. Der Track Move On von ihrer aktuellen Platte ist derzeit mein absoluter Lieblingssong. Herrlich emotional, schlicht, gleichzeitig verzerrt und doch so klar.        

Katharina Würzberg

Ein Abend mit: Daniel Hahn

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Daniel Hahn, 25, bezeichnet sich selbst bescheiden als Mädchen für alles. In Wahrheit ist er der Chef vom Dienst. Wannda und Bahnwärter Thiel hat er gegründet. Sein Leben ist daher zwar eine einzige große Party, aber eine, auf der er immer dafür sorgen muss, dass alles nach Plan läuft. Und das tut es selten.

Hier beginnt mein Abend: voll Aufbaustress. Meine Freunde die mir beim Aufbau helfen wollten, kommen nicht. Die Sicherung fliegt ständig aus unerklärlichen Gründen. Ein Klo ist verstopft und die ersten Gäste stehen vor der Tür.

Danach geht’s ins/zu: Eigentlich wollte ich mich nach dem Aufbau noch schnell umziehen aber das schaffe ich jetzt nicht mehr, also bleibe ich gleich da.

Meine Freunde haben andere Pläne. So überzeuge ich sie vom Gegenteil: Sobald die Schlage so lang wird, dass sie am Horizont verschwindet, klingelt mindestens 100 mal mein Telefon. Meine sturzbetrunkenen Freunde wollen nun doch noch spontan in den Bahnwärter und Fragen ob noch ein Gästelistenplatz+10 klar geht. Mein Vorschlag sich heute doch mal in einem anderen Laden aufzuführen scheitert meistens ;)

Mit dabei ist immer: Die Sorge das irgendwas nicht funktioniert, sich die Nachbarn beschweren könnten oder das noch mehr Freunde vorbei kommen.

An der Bar bestelle ich am liebsten:  Adelholzner Sanft in der Glasflasche

Der Song darf auf keinen Fall fehlen:  /

Mein Tanzstil in drei Worten: Unruhig umher rennen und schauen ob alles läuft und die Party abgeht.

Der Spruch zieht immer: Jetzt müssen wir aber wirklich für heute Schluss machen. Nein, nicht noch ein aller letztes Lied, dass hast du auch schon vor einer halben Stunde gesagt.

Nachts noch einen Snack. Mein Geheimtipp ist: Die Imbissbude meines Bruders Julian

Meine dümmste Tat im Suff war: Ich trinke nicht während der Arbeit.

Das beste Frühstück nach einer durchfeierten Nacht gibt`s im/bei: Die Reste an der Imbissbude meines Bruders.

Diesem Club/dieser Bar trauere ich nach: Den Träumer Partys

Foto: privat

Ende gut, alles gut?

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Wenn das Bahnwärter Thiel nach diesem Abschlussfest schließt, werden seine Besucher weiterziehen. Vielleicht dorthin, wohin Daniel Hahn geht, vielleicht an andere Orte in München, vielleicht auch außerhalb der Stadt. Denn Subkultur braucht Platz – sonst wandert sie irgendwann ab. Ein letzter Besuch im beliebtesten Club der vergangenen Monate.

Das alte Wählscheiben-Telefon neben den Toiletten im Bahnwärter Thiel klingelt schrill. Ein blondes Mädchen mit Turnbeutel auf dem Rücken ist nur kurz verwundert, dann hebt sie ab. Einige dieser Telefone befinden sich an anderen Orten auf dem Clubgelände, weitere in der “Wilden Renate” und im “Sisyphos” in Berlin. Im vergangenen halben Jahr wurden so unzählige sich bis dahin fremde Gäste des Kulturhauses in lustige und oft auch betrunkene Gespräche voller Situationskomik verwickelt. Doch wenn man an diesem Sonntag zum Hörer greift, unterhält sich ein Großteil der Gesprächspartner früher oder später über das, weswegen sie alle da sind: Sie sprechen über den letzten Tag im Bahnwärter Thiel, über das große Abschiedsfest und wie schade das doch alles ist.

Der temporäre Club, der mit Ausstellungen, Theateraufführungen, Lesungen, Flohmärkten und seinen „Schienenbus-Konzerten“ viel mehr als nur der neue gehypte Elektroschuppen war, muss weichen. Das Viehhof-Gelände ist wieder für das jährliche Freiluftkino mit Biergarten reserviert, langfristig soll das Münchner Volkstheater auf einer der letzten Freiflächen Münchens eine neue Heimat finden. Dass der Bahnwärter Thiel nur kurze Zeit bleiben darf, ist seinem Gründer Daniel Hahn, 25,  von Beginn an klar gewesen. Auch wenn er das ganze Abschiedswochenende über schon “ein ganz tolles Gefühl” hat und das gemeinsame Feiern der Kreativszene, die er hier zusammengebracht hat, genießt: Der Aufbruch ist allgegenwärtig. „Morgen früh um acht beginnt der Abbau“, sagt Daniel Hahn mit vor Schlaflosigkeit rot geränderten Augen. Dann muss er seine Zirkuszelte vom Wannda-Kulturfestival, den charakteristischen alten Bahnwaggon und den Rest seines Kuriositätenkabinetts wieder einpacken.
 

Mit dem Kulturhaus hat er sich zumindest für ein paar Monate einen Kindheitstraum erfüllt. Die dazu passende Verspieltheit zeigt sich auch beim ausverkauften „Bahnwärter-Closing-Open-Air“. Während im Club die Gäste ein letztes Mal in den Berggondeln schaukeln und die Aussicht auf Kronleuchter neben Schiffschaukeln an der Decke genießen, sitzen die Besucher außen gemütlich zwischen Zirkuszelten, Grafitti-Künstlern und einem alten gelben Boot. Bei dieser Detailverliebtheit und der Mühe, die sich das gesamte Team gemacht hat, könnte man fast meinen, das Bahnwärter Thiel wäre gekommen, um zu bleiben. Das wünschen sich sicher auch viele der Besucher des Open Airs, die sich auch ohne Sonnenschein am Sonntag auf dem Gelände tummeln. Melancholie hängt in den ersten Stunden des Freiluftfests in der Luft. Die Menge feiert und lacht, aber immer wieder ertappen sich Besucher, wie sie den Blick wehmütig über das Gelände schweifen lassen. „Ohne das Bahnwärter Thiel fehlt in München was“, sagt ein junger Sprayer. Es gebe zu wenig, das eben so sei „wie in Berlin“, sagt etwa Stefan, 23.

Ein Angebot, wie man es sonst nur in Berlin findet? Das wollte Daniel Hahn eigentlich gar nicht schaffen. Aber „durch die Fläche hatten wir das Gefühl der unbegrenzten Möglichkeiten“. Das Gefühl will er sich zurückholen, an einem neuen Ort in München weitermachen. Die Stadt habe zwar jetzt gemerkt, dass in der jungen Szene ein Bedürfnis da ist, es fehle aber trotzdem noch an Freiflächen, die kreativ genutzt werden können. Immerhin für seinen roten Bahnwaggon hat er schon einen Platz: Auf einer Wiese in der Innenstadt wird er ihn als Café betreiben. Irgendwie geht es also weiter.

Wie bei Daniel selbst überwiegt am Ende auch bei allen Gästen der Optimismus und die Feierlust, die sie auch bisher oft ins Bahnwärter Thiel getrieben hat. Auf dem Stempel, der einem am Eingang auf das Handgelenk gedrückt wird, steht „Ende gut, alles gut“ – und vielleicht stimmt es ja doch, zumindest für heute. 

Text: Elisabeth Kagermeier

Foto: Alessandra Schellnegger


Ego-Shooting

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Amelie Satzger, 21, ist Fotografin und dabei immer ihr eigenes Model. Für sie ist das ein „meditativer Moment“, keine Aufmerksamkeitslüsternheit – im Netz kommen die Bilder gut an.

Ein intelligenter Tweet, ein lustiges Youtube-Video und schon ist man berühmt. Karrieren beginnen heutzutage oft im Internet. Wer sich zu inszenieren weiß, hat schnell mal ein paar Tausend Follower, die einem beim Schminken, Kochen, Modeln oder ganz generell beim Leben zusehen. Auch Amelie Satzgers Erfolg hat im Netz seinen Lauf genommen. Amelie war 19, da begann sie Selbstporträts von sich auf Instagram zu teilen. Anfangs war das nur ein Zeitvertreib – die junge Frau hockte gerade auf Föhr. Familienurlaub. Nicht unbedingt spannend, wenn man jung ist und die Welt entdecken will. Also hat sie ihre Kamera genommen, sich selbst geknipst und die Bilder hinterher online gestellt.

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Die Fotos, die sie von sich teilte, fanden rasch ein Publikum. Innerhalb weniger Wochen folgten ihr auf Instagram mehrere Tausend Menschen, auf der Fotoplattform 500 px hat sie inzwischen mehr als 32 000 Follower. Klingt erfolgreich. Aber: Manche dieser Seiten sind oberflächliche Orte. Auf Instagram sieht man oft nur die Schönen. Die, deren Leben man gern hätte. Die mit den perfekten Kleidern vor der perfekten Kulisse, die dann unter all dieser Perfektion zusammenbrechen – wie Instagram-Model Essena O’Neill, deren Aufbegehren gegen diesen Zirkus sie erst richtig berühmt machte. Ihre Botschaft damals: Hier wird wenig Substanzielles geboten. 

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Die Bilder, die Amelie Satzger, heute 21, macht, wollen nicht so recht passen zu dieser Welt. Schön ist auch Amelie. Toll sind auch die Kulissen, in denen sie steht. Und doch, die Fotografien der jungen Münchnerin erzählen mehr. Da gibt es dieses Bild von Amelie: Ein Mädchen treibt auf dem Wasser. Seine Augen sind geschlossen. Friedlich wirkt das himmelwärts gerichtete Gesicht, doch ihr Kleid zieht den Körper bereits in die Tiefe hinab. Es wirkt, als stürbe auf dem Foto dort Ophelia, die Geliebte Hamlets. Es ist ein Motiv, das in der bildenden Kunst oft aufgegriffen wurde. Nur bleibt Ophelia in diesen Bildern zumeist Objekt. Anders bei Amelie: Sie beobachtet durch die Kamera stets sich selbst, hat einen deutenden Blick auf das Ich. Und zwar in allen Seinsweisen, die die eigene Persönlichkeit zu bieten hat. Mal stark, mal zerbrechlich, mal kindlich, mal frech, aber immer: Amelie.

Dass so etwas mehr ist als ein Zeitvertreib im Internet, war schnell klar. Amelie hat ihr Archäologiestudium abgebrochen, ist um die Welt gefahren. Australien, Nepal, Island. Immer im Gepäck – die Kamera. So ist allmählich eine Reihe mythologisch angehauchter Selbstporträts entstanden: Amelie an nebligen Ufern, Amelie vor Wasserfällen, Amelie vor bedrohlich wirkenden Steinklüften…

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Klingt nach Selbstdarstellungssucht. Nach riesigem Ego. Da fährt eine in ein Land wie Nepal und fotografiert sich selbst. Doch mit der Aufmerksamkeitslüsternheit der Selfie-Stick-Generation haben Amelies Fotografien wenig gemein. „Es ist so ein meditativer Moment, wenn ich mich selbst fotografiere“, sagt die junge Frau mit dem dunkelblonden Haar und lächelt zurückhaltend. Es gehe ihr nicht darum, sich selbst als Person darzustellen, sondern darum, Gefühle zu verarbeiten, Geschichten zu erzählen durch die Bilder. „Da fühlt es sich nun mal nicht authentisch an, andere Menschen in Szene zu setzen.“ Sie ist einfach nur eine Künstlerin, die sich irgendwann zufällig selbst vor die Kamera gelaufen ist.

Sich selbst so zu fotografieren, erlaubt der Fotografin größeren Freiraum. Sich ganz allein an die Grenzen dessen begeben, was man preisgeben möchte. Sich auch mal nackt und schutzlos zu fühlen angesichts der Gewaltigkeit der Natur, in der man sich fotografiert. Amelie, die kleine Figur in der endlosen Wüste. 

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Wie wichtig diese ständige Selbsterfahrung für ihre Fotos ist, zeigt sich auch an der Produktionsweise der Künstlerin, denn von der ersten Idee bis zum fertigen Foto vergeht bei Amelie oft viel Zeit. Das beginnt mit einem Bild im Kopf oder einem Song im Ohr, der erzählt werden will. Es folgt die Suche nach dem passenden Motiv. Also begibt sie sich raus in die Natur, läuft viel herum, sieht sich alles genau an, hört Musik, überlegt dabei. „Dann schlafe ich eine Nacht drüber und komme am nächsten Tag wieder.“ Dieses Mal mit Kamera. Doch bis das Bild fertig ist, dauert es. Es gilt, den richtigen Fokus zu finden, Testaufnahmen zu machen. „Oft renne ich zwischen Kamera und Motiv hin und her.“ So lange, bis sie das Gefühl hat: So soll das Bild aussehen. Mit Selbstauslöser wird fotografiert. Je nach Wetterlage kann das gesamte Prozedere schon mal einige Stunden in Anspruch nehmen.

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Wer so lang mit sich und der Natur ringt, in ihr bei Eis oder Sturm nach dem einen Bild sucht, für den ist ein Berg, ein Ufer, eine Düne nicht einfach nur Kulisse. Amelie ist am Stadtrand von München aufgewachsen, in Fürstenried. Von dort ist es nicht weit zum Starnberger See, den sie so liebt und wo viele ihrer Bilder entstanden sind, so auch das Ophelia-Motiv. „In der Natur sind keine Menschen, die mich stören. Dort finde ich die Ruhe, meine Gedanken zu verarbeiten. In der Stadt ist das nicht mehr so leicht. Auf jedem Grünstreifen, in jedem Park beobachten mich Menschen. Und: Es wird viel mehr darauf geachtet, dass alles gepflegt aussieht.“

Wildwuchs? Leider nein. Eine ganz neue Erfahrung für Amelie, die erst im Februar an den Kolumbusplatz gezogen ist. Urbaner Trubel, dazu die vielen kreativen Menschen in der Nachbarschaft. Es arbeitet in ihr, wenn sie von diesen neuen Eindrücken spricht, das merkt man. An Amelies Händen klebt noch die Farbe vom Streichen der neuen Wohnung.

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Die Bilder, die sie erschafft, wirken im Kontext des Städtischen fast wie eine Gegenwelt. Entvölkerte Landschaft, durch die einsam sie wie eine Elfe oder Gottheit schreitet. Manchmal gibt es aber doch Spuren des Menschlichen. Die abgeholzten Bäume am Starnberger See etwa, vor denen sie posiert. Denn auch solche Dinge möchte sie zeigen. Den Eingriff des Menschen in die Natur. Die „Schönheit des Verfalls“, die so entstehe. Dieses Konzept scheint anzukommen: Amelie studiert inzwischen Fotodesign an der Hochschule München und hat bereits im Fotomagazin Storm eine Bildstrecke veröffentlicht. Für den Sommer ist eine Einzelausstellung geplant.

Die größte Resonanz kommt aber nach wie vor online. „Photo is perfect! It looks like an album or movie cover”, schreibt einer ihrer Fans auf Instagram. Ein anderer fragt: „Kannst du mal was Schlechtes posten, damit ich mich besser fühle?“

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Von: Carolina Heberling

Fotos: Amelie Satzger

Unterwegs im Seidenkleid

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Sibylle Randoll reist auf den Spuren ihrer Ahnen durch die USA - zu besonderen Anlässen im blauen Seidenkleid.

Wie gut, dass ihr langweilig war an diesem Weihnachtstag im Jahr 2012. Sibylle Randoll entdeckte im Schrank ihrer Schwester das Tagebuch ihres Ururgroßvaters und begann, darin zu blättern. Schnell war sie vertieft in die Geschichte von Otto Dahl, dem jungen Lederfabrikanten aus Wuppertal, der im 19. Jahrhundert nach Amerika reiste. Der Hudson River! Die Indianer! Die Niagara-Fälle – dieselben Wasserfälle, die Sibylle Randoll selbst bei einem Auslandsaufenthalt besucht hatte. „Als ich das gelesen habe, war ich sofort angefixt“, sagt sie. Und hatte von diesem Tag an die Idee im Kopf, die Route ihres Ururgroßvaters nachzureisen.

Die junge Frau mit dem ungebändigten blonden Haar und dem Grübchen im Kinn hat etwas Resolutes an sich. Wenn nicht jetzt, wann dann? Denn Sibylle ist jetzt 26 – genauso alt wie ihr Ururgroßvater damals. Otto Dahl hatte sich im Jahr 1880 mit seinem Vater überworfen. Kurz entschlossen buchte er ein Ticket auf einem Ozeandampfer. In Amerika kam er bei deutschen Bekannten unter, arbeitete in New York und Chicago. Im damals noch wilden Westen lernte er neue Techniken der Lederverarbeitung, jagte Hirsche und traf Indianer. Fürs Sightseeing blieb das Wochenende. „Es war eine Art Work and Travel – nur eben 1880“, sagt Sibylle. Eineinhalb Jahre sollte die Reise dauern. Als die Nachricht vom Tod des Vaters eintraf, kehrte Otto Dahl zurück und übernahm die Firma in Deutschland.

Seine Amerika-Route will Sibylle Randoll nun nachfahren. „Barmen to Bozeman“ heißt ihr Reiseprojekt: von Barmen im heutigen Wuppertal bis ins verschlafene Bozeman in Montana. Statt in die USA zu fliegen, sticht Sibylle am 4. Mai mit einem Luxusdampfer in See – es ist ihr erstes Mal auf einem Kreuzfahrtschiff. In den USA will sie nicht mit dem Auto, sondern mit der Eisenbahn unterwegs sein: Auf ihrer Strecke liegen New York, die Niagarafälle, Chicago, Salt Lake City and der Yellowstone-Nationalpark.

Es soll eine bewusst entschleunigte Reise werden, sagt sie. „Wir jetten heutzutage für ein Wochenende um die halbe Erde. Wie ist es so, langsam zu reisen?“ Zumindest auf der Fahrt nach Bozeman wird Randoll der Route ihres Ururgroßvaters so treu wie möglich bleiben.

Auf ihrem Blog explories.de will sie zweisprachig über die deutsche Kultur in Amerika berichten. Schon lange interessiert sich Sibylle für Kultur-Exklaven. Bei einem Aufenthalt in der ehemaligen Kolonie Namibia war sie überrascht, wie lebendig die deutsche Kultur dort teilweise noch ist. „Dort schauen viele am Sonntagabend den Tatort und sprechen beim Abendessen über Merkel.“

In den USA stellen Deutsche historisch gesehen die größte Einwanderergruppe – und haben Spuren hinterlassen: Die Brooklyn Bridge etwa wurde von einem Ingenieur aus Thüringen geplant. Sibylle möchte herausfinden, wie aktiv deutsche Kultur in den USA heute gelebt wird. „Zieht man sich einmal im Jahr ein Dirndl zum Oktoberfest an oder ist das noch im Alltag verankert?“ Sie will in den USA deutsche Restaurants testen und zu Treffen und Festen der deutschen Communitys gehen.

Ausgewanderte Deutsche haben damals auch Otto Dahl aufgenommen, der für sie gearbeitet und bei ihnen übernachtet hat. Ein paar Pflichttermine hat Sibylle schon: die Steuben-Parade in New York, das German Fest in Milwaukee und der German-American Day am 6. Oktober. Das erste Meeting steht jedenfalls schon fest: Bei der Ankunft in New York hat sie das deutsche Generalkonsulat zum Lunch eingeladen.

Auffallen dürfte sie auf jeden Fall: An den wichtigsten Tagen der Reise möchte Sibylle ein blauglänzendes Seidenkleid tragen, das sie extra nach der Mode des 19. Jahrhunderts hat anfertigen lassen. Das „Nachmittagstee- und Spaziergehkleid“, wie sie es nennt, füllt einen halben Koffer und besteht aus sieben Schichten, mit Korsett und Kragen. Gegen Regen schützt der Schirm der Urgroßmutter, der mehr als hundert Jahre alt ist. Nur das Po-Kissen aus modernem, leichten Material und der Reißverschluss fallen historisch aus der Reihe: Schließlich muss Sibylle das schwere Kleid selbst anziehen können.

Für Sibylle ist das Projekt auch eine Möglichkeit für Sightseeing abseits der ausgetretenen Pfade. „Ohne meinen Ururgroßvater wäre ich nie auf die Idee gekommen, nach Bozeman zu fahren. Warum auch?“

Sibylle hat BWL und Tourismusmanagement studiert und ist in der Welt weit herumgekommen: Allein fürs Studium war sie in den Niederlanden, Peru, Dänemark, Slowenien, Spanien und Namibia. Überraschen kann sie die USA-Reise trotzdem noch, meint sie. Ein Baum, den ihr Großvater damals skizziert hat, steht immer noch, nach 136 Jahren. „Was ich da fühlen werde, wenn ich mit der Zeichnung meines Ururgroßvaters dort stehe“, sagt Sibylle und sucht kurz nach Worten. „Darauf bin ich sehr gespannt.“

Von: Elsbeth Föger

Foto: Benjamin Behringer

MEIN MÜNCHEN: altes Kassenhäuschen im Olympiapark

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Daniel Böhm zeigt uns mit seiner Fotografie ein Stück Horror-Romantik hier in München.

Daniel Böhm, 25, fotografiert am liebsten dann, wenn alle anderen immer noch schlafen. Oder gerade wieder schlafen. Ungestört kann er sich dann die Zeit nehmen, die er braucht, um das perfekte Bild zu machen. Nicht verwunderlich ist es deshalb, dass auf den meisten seiner Bilder keine Menschen zu sehen sind. Daniels Bilder sind alle feinste Handarbeit; genauso arbeitet er auch in seinem eigentlichen Beruf als Augenoptiker: In dem Betrieb, in dem er arbeitet, werden alle Brillengläser noch von Hand eingeschliffen. Am besten konzentrieren kann Daniel sich, wenn er beim Fotografieren Musik hört. Hat er den richtigen Blickwinkel gefunden, macht es Klick. Gefunden hat Daniel diesen Blickwinkel auch beim Fotografieren des alten Kassenhäuschens im Münchner Olympiapark. Der Olympiapark ist ein Ort, den Daniel gerne aufsucht, um Fotos zu machen. Das Kassenhäuschen hat ihm als Motiv besonders gut gefallen, weil es sich seit seinem Bau nicht verändert hat. Daniel vergleicht das Häuschen mit einem verlassenen Freizeitpark – beide Orte findet er interessant und doch unheimlich: „Ein Ort an dem früher Leben war und der dann verlassen worden ist.“

Von: Jacqueline Lang

Neuland: die schnellste Blume der Stadt

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Mit dem Frühling sieht man wieder quer durch die Stadt Blumen – im Kreisverkehr am Gärtnerplatz, auf den Wiesen des Englischen Gartens und seit einigen Wochen auch am Elektroroller von blumlin. Das junge Team von blumlin will mit einem neuen Konzept zur „schnellsten Blume Münchens“ werden. Der Clou? Jeden Tag gibt es nur ein einziges blumlin, ein „einfaches Arrangement ohne Schnickschnack“, so Lukas du Bois, der mit seiner Freundin Linda, beide Mitte 20, blumlin 2014 gegründet hat.

Von: Matthias Kirsch

Neuland: urbane Suppenküche in der Rumfordstraße

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Mit Urban/Soup wollen sich zwei Geschwisterpaare mit den großen Fastfood-Ketten anlegen und eine gesunde Alternative bieten. Die vier jungen Münchner um Tim Maiwald, 26, verkaufen trinkbare Suppen in Glasbehältern und verstehen sich dabei als ein nachhaltiger Lieferdienst. Ihr Laden in der Rumfordstraße soll erst der Anfang sein. Seit Dezember 2015 haben sie Tausende Suppen verkauft – außerdem liefern sie mit Fahrrädern und seit kurzem auch mit Elektrorollern. In Zukunft wollen sie auch Firmen anfahren. 

Von: Friederike Krüger

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