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Band des Jahres

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Welche Bands fallen in München auf? Von welcher Band wird man in Zukunft garantiert hören? Jeden Montag stellen wir an dieser Stelle die “Band der Woche” vor. Zehn Bands von ihnen haben wir nun für die Wahl zur “Band des Jahres” ausgewählt.

Uns entgeht so gut wie nichts. Wir schauen regelmäßig bei den Konzertbühnen dieser Stadt vorbei. Wir besuchen Proberäume und durchkämmen das Internet. Von daher wissen wir, welche Bands in München auffallen und von welchen Bands man in Zukunft garantiert hören wird – nachzulesen jeden Montag in unserer Rubrik „Band der Woche“.

Wir gehen jetzt noch einen Schritt weiter. Wir haben zehn Bands, die in diesem Jahr „Band der Woche“ waren, ausgewählt und ins Rennen geschickt zur Wahl zur „Band des Jahres“. Die Abstimmung läuft bis zum 15. Januar, 12 Uhr,  auf unserer Facebook-Seite. Hier die zehn Bands im Überblick:

Dicht & Ergreifend
Hip-Hop

Dicht & Ergreifend sind Rapper und ihre Musik ist Hip-Hop: Beats, Hooks und Sprechgesang. Nur eben mit einer etwas eigenen Färbung. Mundart-Pop ist nichts Neues – nur haben Dicht & Ergreifend eben das Konzept Volkstümlichkeit auf die Beats ausgeweitet. Das Akkordeon vermischt Balkan-Melancholie mit Stub’n-Musi-Gemütlichkeit, die Tuba drückt genauso wie der Bass eines Synthesizers. 

Ella Josaline
Singer-Songwriter-Folk

Ella Josaline ist vielleicht die größte Pophoffnung, die München derzeit zu bieten hat. Sie ist gerade einmal 16 Jahre alt, große Plattenfirmen haben schon Kontakt mit ihr aufgenommen. Ella hat eine besondere Stimme, die sie vor allem besonders einzusetzen weiß, um Lebensgefühle bei ihren Zuhörern auszulösen.

Fatoni
Hip-Hop

Fatoni setzt noch einmal alles auf eine Karte, fürs Musik-Machen. Auf seiner aktuellen Platte „Yo-Picasso“ macht er alles andere als Wohlfühl-Pop: Horror und Spaß, Selbsterkenntnis und Größenwahn. Und das ist so verführend, wie es lange keine deutsche Pop-Produktion mehr war – und gibt gleichzeitig der Popmusik gesellschaftspolitische Relevanz zurück.

Kytes
Indie-Pop

Sie drehten die Bandgeschichte auf Anfang: neue Ambitionen, neues Konzept, ein neuer Style und ein neuer Name – nur die Besetzung blieb die alte. Und das ist auch gut, immerhin greifen die Jungs von Kytes auf das eingespielte Vertrauen einer lange existenten Band zurück; etwas, das nicht künstlich reproduzierbar ist. Und so schallt ihr groovender Indie-Pop durch die Kopfhörer der Großstadt-Popper. 

Matthew Austin
Akustik / Blues / Folk

Matthew Austin kommt ursprünglich aus Manchester, mittlerweile hat es den Singer-Songwriter nach München verschlagen. Seine Musik: sanfte Pickings an einer halbakustischen Gitarre, bluesige Harmonien, und eine weiche Stimme darauf, ab und an kommt eine Mundharmonika dazu. Das ähnelt eher Bob Dylan in seinen Folk-Phasen – nach dem Klischee britischer Musik klingt das zum Glück nicht.

Monday Tramps
Brit-Rock

Die Musik der Monday Tramps vereint ziemlich viel von dem, was die alternativ angehauchte britische Popmusik so hervorgebracht hatte: der mehrstimmige Gesang der Beatles, die Coolness des Brit-Pops und die Jugendlichkeit der Arctic Monkeys. Die klischeehafte Liebes-Lyrik hat die Band mittlerweile aufgegeben.


Taiga Trece
Hip-Hop

„Die Straße liebt mich“, rappt Taiga Trece. Da sie sich anders als die Aggro-Berlin-Version des deutschen Gangster-Raps nicht auf grauen Berliner-Proll-Alltag bezieht, sondern auf Mexiko, ist auch die Musik ein wenig bunter, ein wenig gewitzter und ein wenig leichter geraten. Kinderchöre treffen auf Soul-Refrains, harte Rap-Strophen auf Neunzigerjahre-Synthies.


The King Of Cons
Folk/Neo-Soul

Franko van Lankeren, The King of Cons, vertraut auf gut gemachte Popmusik. In einer Zeit, in der wild zusammengestückelt und collagiert wird, sticht er heraus. Neuerdings trifft sein Folk auf Elektro-Soul und R’ n’ B. Mit Kopfstimme singt er nun zu E-Gitarre über das satte Beat-Bett.

Sara Lugo
Reggae

Der Reggae-Pop von Sara Lugo ist weder wirklich innovativ noch versucht sie, angesagte musikalische Stile einzubauen. Dennoch haben Videos von ihr die Millionen-Grenze bei Youtube überschritten. Sara Lugo gibt der Pop-Welt ein lange nicht mehr gesehenes Gutmenschentum zurück.

Zoo Escape
Punkrock / Pop

Zoo Escape hat alles zu bieten, was man für zeitgenössische Rebellionsmusik benötigt: mitreißende Melodik und Energie. Dazu beherrschen sie das Spiel mit Symbolen und verwandeln dadurch ihren Pop-Cocktail zum Punkrock.


Rita Argauer, Michael Bremmer


Großes Format

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Vom kuschelnden Schauspieler bis zum ehrgeizigen Rapper, von der gemeinnützigen Studentenorganisation bis zur sozialen Modedesignerin: Diese jungen Menschen sorgen 2016 dafür, dass München bunt, spannend und lebenswert bleibt.

Foto: Amelie Satzger

Jede Woche treffen wir auf junge Münchner, die München zu „unserem“ München machen: zu einer spannenden Stadt, die man erst kennt, wenn man ihre Macher kennen und schätzen lernt. Wer diese Stadt im kommenden Jahr bunter und lebenswerter macht? Wir wissen es nicht. Und wagen trotzdem einen Ausblick: Münchens junge Leute 2016.

Leonard Hohm
Schauspieler

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Es gibt Menschen, die kennt man nicht, und doch ist man vertraut mit ihnen. Genauer gesagt: mit ihren Stimmen. Leonard Hohm, 25, ist einer von ihnen. Der Schauspieler ist wirklich sehr häufig zu hören. Er spricht Werbung für Firmen wie Sony oder Bosch, synchronisiert Serienfiguren und hat zig Hörbücher eingelesen. „Sprechen kann zum Sport werden, da wir unter starkem Zeitdruck arbeiten“, sagt Leonard. Nebenher spielt er noch Theater. 2016 sind neben einem Theaterprojekt auch weitere Hörbücher geplant: „Ich liebe die Arbeit im Studio und spiele gerne mit meiner Stimme. Aber was schon nervt: Wenn deine Freundin dann abends sagt: Lass mal nicht kuscheln, lies mir lieber was vor!“

Foto: Yunus Hutterer

Amelie Satzger
Fotografin

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Irgendwie kommt sie aus einer anderen Welt. Wenn Amelie Satzger, 20, sich selbst fotografiert, dann sieht sie aus wie eine Fee, manchmal auch wie eine Gottheit aus dem antiken Griechenland. Es sind jene mythologisch angehauchten Selbstporträts, die die Fotografin erfolgreich machen. Angefangen hat das auf der Nordseeinsel Föhr: Familienurlaub mit den Eltern. Irgendwie langweilig. Also hat Amelie, damals 19, ihre Kamera genommen und die Fotos dann auf Instagram gepostet. Die Bilder kamen an: Innerhalb weniger Wochen hatte sie mehrere Tausend Follower, auf der Fotoplattform 500px sind es mittlerweile mehr als 19 000. Amelie studiert Fotodesign an der Hochschule München. 2016 werden Amelies Selbstporträts auf der Kunstmesse Stroke zu sehen sein. 

Foto: Amelie Satzger

Bianca Kennedy
Künstlerin

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Bianca Kennedy taucht ab. Die 26-Jährige, die Medienkunst an der Akademie der Bildenden Künste München studiert, widmet sich derzeit der Badewanne. „Das ist für mich ein ganz besonderer Ort“, sagt Bianca, denn dort würden Klassenunterschiede aufgehoben. Wer in die Badewanne geht, ist nicht arm oder reich, der ist für einen Moment lang befreit von seiner eigenen Geschichte. Abtauchen, die Füße übers Wasser gleiten lassen und sich dabei vorstellen, man habe gerade einen Wal in den Wellen entdeckt, so ist das zumindest in Biancas filmischer Arbeit „Sonar Sounds“. Die junge Künstlerin hat in den vergangenen Monaten mehr als 200 Badeszenen aus berühmten Filmen gesammelt, die sie in der Videoinstallation „We are all in this together“ miteinander verbindet. Parallel arbeitet sie mit ihrem Freund Felix Kraus an einer Filmtrilogie, die das Leben von Mensch-Tier-Pflanze-Pilz-Hybriden in einer fernen Zukunft imaginiert.

Foto: Adrienne Meister 

Sophia Klink
Literatin

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Wenn Sophia Klink Texte schreibt, spielt die Natur darin eine große Rolle. Die 22-Jährige versucht in ihrer Prosa die Dinge zu verarbeiten, die sie aus ihrem Biologiestudium kennt: „Ich wollte einfach zeigen, wie toll diese Welt ist. Es weiß zum Beispiel kaum einer, dass Regenwürmer zehn Herzen haben.“ Die Natur wird bei ihr zum Reibungspunkt für die Sehnsucht ihrer Figuren nach Ruhe abseits der Stadt. 2015 hat Sophia das Literaturstipendium der Stadt München erhalten, das Autoren ein Arbeiten frei von finanziellem Druck ermöglichen soll. Gefördert wurde ihr Romanprojekt „Luftunterfläche“, dessen Erstfassung demnächst fertig werden soll. Sophia Klink liest am 15. Januar 2016 im Keller der kleinen Künste.

Foto: Thomas Freimuth

Florian Kamhuber
und Fabian Halbig

Filmemacher

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Es darf gelacht werden: Florian Kamhuber, 25, und Fabian Halbig, 23, produzieren mit ihrer Filmfirma „Nordpolaris“ Stoffe, die den Zuschauer mit intelligentem Humor unterhalten sollen. Vergangenen Sommer haben die beiden ihren ersten Langspielfilm produziert, der 2016 Premiere feiert: Die Tragikomödie „Dinky Sinky“ (Regie: Mareille Klein) erzählt die Geschichte einer Sportlehrerin, die unbedingt schwanger werden will. Die Hauptrolle übernahm Residenztheater-Schauspielerin Katrin Röver, der Film-Fernseh-Fonds Bayern förderte das Projekt mit 50 000 Euro. Für das kommende Jahr sind bereits viele neue Projekte geplant: Die beiden produzieren eine Sitcom, die die Männerdomäne Baumarkt ironisch aufbricht, und Fabian, Schlagzeuger der Killerpilze, bringt mit seiner Band ein neues Album heraus.

Foto: Vera Brückner

Alexander Hoffmann
Veranstalter von „Cook and Code“

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Die ersten Schritte in der IT-Welt will Alexander Hoffmann Anfängern in seinem Projekt „Cook and Code“ vereinfachen. Der 27-Jährige organisiert Veranstaltungen, bei denen Experten und Neulinge zusammenkommen und in lockerer Atmosphäre ihr IT-Wissen auffrischen können – zum Beispiel wird auch zusammen gekocht. Für das Jahr 2016 hat sich Alexander eine Menge vorgenommen: „Beim Social Hackathon am 23. Januar werden sich drei bis vier soziale Projekte vorstellen, die ein bestimmtes Problem mit ihrer Website haben“, sagt Alexander. Über einen ganzen Tag hinweg versuchen sich die Teilnehmer an einer Lösung für diese Probleme.

Foto: privat

Hannah Klose
Netzwerkerin

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Netzwerkerin Hannah Klose, 24, bringt Menschen zusammen. Zum Beispiel als Vorstandsmitglied des Projekts „Rock Your Life“, das Hauptschülern Mentoren an die Seite stellt, um den Übergang ins Berufsleben zu erleichtern. Aber auch darüberhinaus hat sie 2016 viel vor: Hannah organisiert die Intrapreneurship Conference 2016 in München mit und stellt als Heartleaders-Botschafterin Veranstaltungen rund um wertschätzende Kommunikation in der Arbeitswelt auf die Beine. Außerdem holt sie bei 12min.me einmal im Monat Sprecher für Vorträge zu Business-Themen auf die Bühne – in lockerer Atmosphäre und strenger Zwölf-Minuten-Taktung. Wo Hannah Menschen verbindet, ist das Ziel meist dasselbe: Statt Ellbogenmentalität soll Arbeit Raum für Innovation, Erfüllung und Potenziale bieten.

Foto: mantro.net

Alina Birkner
Malerin

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Ist Malerei nun in oder out, hip oder verstaubt? Immer wieder wird ihr in der Kunst der Tod prophezeit. Davon lässt sich Alina Birkner, 26, nicht beeindrucken. Die Malerin studiert an der Akademie der Bildenden Künste und schließt ihr Diplom im Februar ab. Alina pinselt mit Acryl geometrische Formen in Pastellfarben auf eine nasse, meist großformatige Leinwand. Ihr Können stößt auf so viel Begeisterung, dass sie im Oktober 2015 gemeinsam mit ihrem Vater René Birkner, der eigentlich Filmplakate gestaltet, ein riesiges Fresko für die Ausstellung des Möbeldesigners Konstantin Grcic in der Pinakothek der Moderne malen durfte. 2016 steht aber erst einmal die eigene, abstraktere Kunst auf dem Plan: zum Beispiel im Münchner Centercourt, wo Alina von Januar an vier großformatige Arbeiten zeigt.

Foto: Korbinian Vogt 

Lux
Rapper

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Es gab schon schlechtere Zeiten für Hip-Hop aus München. Edgar Wasser wird bundesweit gefeiert, Fatoni ist dieses Jahr mit seinem Album „Yo Picasso“ durch die Decke gegangen. Und München hat noch mehr Talente parat. Zum Beispiel Lukas Eichhammer, 25, alias Lux. Der Musiker hat 2015 das erste Album veröffentlicht, tourte mit Kumpel Edgar Wasser durch Deutschland. „Ich habe Blut geleckt“, resümiert er. Schon als Kind zieht es Lukas auf die Bühne: Er spielt im Residenztheater und eine Hauptrolle im Kinofilm der Kinderreihe „TKKG“. Mit 16 beginnt er zu rappen, 2012 kommt die erste EP. Lukas wird nächstes Jahr 26. Zehn Jahre Lux – Zeit, erwachsen zu werden? Ja. Deshalb kommt im Frühjahr eine neue EP und mit ihr ein neuer Lux. Es geht um Zukunftsängste, ums Rumhängen und Älterwerden – ganz genau weiß Lukas das auch nicht. Er rappt: „Ich bin nicht Lux, nur sein Synchronsprecher.“

Foto: Nils Schwarz


Mercedes Diaz de Leon
Mode-Designerin

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Es ist keine einfache Angelegenheit, dem Massenkonsum den Rücken zu kehren – vor allem nicht, wenn es um Mode geht. Mercedes Diaz de Leon, 28, hat es trotzdem versucht: Im Sommer eröffnete sie den „Nui Conceptstore“ in Neuhausen, der ausschließlich fair produzierte Mode von deutschen Jungdesignern und ihr eigenes Label Nui verkauft. Die gebürtige Mexikanerin, die in Deutschland aufgewachsen ist, hat ihr Handwerk an der Meisterschule für Mode in München gelernt. Nach dem Abschluss war sie ernüchtert: Alle tragen das Gleiche, kaufen bei großen Ketten Stücke, die nach kürzester Zeit im Schrank verstauben. Mercedes’ Laden ist keine Revolution. Aber ein Schritt in die richtige Richtung: eine Verkaufsplattform für talentierte Jungdesigner, die nachhaltig, lokal und fair produzieren und für den Modeliebhaber sonst allenfalls über Plattformen wie Dawanda erreichbar wären.

Foto: privat

Equalhats
Gemeinnütziges Studentenprojekt

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Sechs junge Münchner Studenten haben die Mütze zu einem Symbol der Solidarität erhoben. Ihr Motto: „Mache einen fremden Namen zu deinem.“ Auf den Mützen stehen Namen. Namen von Flüchtlingen, die bereits in Deutschland angekommen sind. Über den Namen wird das Gleichheitszeichen eingestickt. So setzt jeder mit der Mütze ein Statement. Bisher sind circa 400 Mützen verkauft und 2500 Euro eingenommen. Neben dem Studium ist oft zu wenig Zeit, aber für die nächsten Semesterferien plant das Team von Equalheads einen Sommerersatz für die Mütze zu finden. „Wir wollen auf jeden Fall weitermachen“, sagt Pauline Kargruber, Mitbegründerin des gemeinnützigen Studentenprojekts Equalhats. Die Mützen werden fair und im Inland produziert, alle Erträge gehen an die Aktion „Deutschland hilft“. Welcher Name auf der Mütze steht, ist nicht wichtig, man erfährt es auch nicht vorher. Das Zeichen, das man setzt, zählt.

Foto: privat

Nalan381
Hipster-Pop

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Es ist zuletzt gut gelaufen für das experimentelle Duo Nalan381. „Sie sind gekommen, um München ein bisschen mehr Sex einzuhauchen“, schrieb etwa der Bayerische Rundfunk. Und auch die SZ hat sich nicht zurückgehalten mit Lob: „Ätherische Töne mit hauchenden, hallenden, klagenden Stimmen, die verlaufen wie Wimperntusche im Swimmingpool.“ Nicht zuletzt deswegen haben Nikolaus Graf aka Nik Le Clap und Nalan Karacagil große Pläne für 2016. Die Findungsphase ihrer Musik ist abgeschlossen, im kommenden Jahr wollen sie mit einer neuen Platte über die Münchner Bühnen hinauswachsen. Ein Konzert in Berlin ist fix, sogar noch vor der Release ihrer Platte am 13. April in der Münchner Bar „Unterdeck“. Ihrem Indie-R ’n’ B bleiben sie treu, „aber der Sound wird interessanter, weil wir ja jetzt wissen, wie der andere tickt“, sagt Nik.

Foto: Rosanna Graf


Autoren: Carolina Heberling, Matthias Kirsch, Susanne Krause, Jennifer Lichnau, Valerie Präkelt

Von Freitag bis Freitag München - Unterwegs mit Carolina

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Silvesterkater? Fehlanzeige! Carolina startet aktiv ins neue Jahr: Es geht ins Theater, auf dem Midnightbazar im Kesselhaus wird geshoppt und allerlei gute Musik gibt es auch noch. Sei es beim Muffat Winterfest oder im Milla bei der Albumreleasefete von “On The Shoulders Of Giants”. So kann 2016 beginnen!

Jedes Jahr hat seine toten Tage. Der Tag nach dem eigenen Geburtstag. Die Woche, bevor die Uni wieder losgeht. Der November so ganz generell. All diese Tage sind zweifelsohne da, wir erleben sie und doch werden sie nur markiert durch das, was ihnen vorausgeht. Oder das, was ihnen folgt. Was habe ich an diesen toten Tagen gemacht – vor einem, zwei, fünf Jahren? Ich könnte es nicht sagen.

Der erste Januar ist so ein toter Tag. Man liegt auf der Couch, pflegt den Kater und schaut eine Serie. Irgendwie traurig, wenn ein Jahr so anfängt. Ich beschließe also 2016 so zu begrüßen, wie es angemessen ist: Mit einem Katerfrühstück. Abends um sieben.  Auf dem Kochblog kunterbuntweissblau von Wahl-Münchnerin Amelie Heinz habe ich ein tolles Rezept für Filet Wellington entdeckt. Mal sehen, ob das was wird. Aber man soll sich ja selbst Herausforderungen schaffen, so zum Jahresstart.

Samstag wird dann endlich all das Geld ausgegeben, das man mangels besserer Geschenkideen zu Weihnachten bekommen hat – muss ja schließlich weg, ehe es schlecht wird: Der Midnightbazar im Kesselhaus feiert seinen sechsten Geburtstag. Neben allerlei Trödel gibt es hier auch Livemusik und einen Streetfoodmarkt. Danach geht es direkt weiter zum Muffat Winterfest, wo COSBY, Ebow und viele andere spielen.

Sonntag ist Finaltag. Über drei Wochen habe ich mitgefiebert, nun ist es soweit. Die Darts-WM der PDC kommt zum Abschluss. Die WM ist ein ganz wunderbares Event: Dicke alte Männer in hässlichen Hemden werfen Pfeile auf ein Brett, während im Hintergrund albern verkleidete Engländer jede Menge Bier saufen und lustige Lieder anstimmen.  Das große Finale schauen meine Freunde und ich natürlich stilecht: Im Harlekin, einer Dartkneipe in Untergiesing, wo ich selbst ab und an ein paar Pfeile schmeiße. Da merkt man übrigens, warum Dart trotz des Mummenschanzes drum herum ein Sport ist – es ist einfach verdammt schwer, so eine 180 zu werfen. Anfangs habe ich nicht mal das Board getroffen.

Montag. Kater. Darts und Bier gehören einfach zusammen. Ich bleibe also im Bett und mache einen Lesetag. Endlich komme ich dazu durch die neue Ausgabe der Münchner Zeitschrift kon-paper zu blättern, die im Dezember erschienen ist. Thema des aktuelle Hefts: Verfall. Genau so fühle ich mich. Danach gibt es noch das neue Fotobuch von Jungfotograf Stefan Loeber: In “Bedouin” zeigt Stefan die Lebensbedingungen von Beduinen in Israel. Keine leichte Kost, aber ein tolles Buch voll wunderbarer Fotos.

Dann werde ich wieder aktiver: Dienstag geht es in Kyeso am Candidplatz, denn dort spielen Chaps & Taps und Kafkas Orient Bazaar. Letztere habe ich vor ein paar Jahren auf dem Sound of Munich Now erstmalig gehört und bin seitdem großer Fan. Ich bin sehr gespannt, was der Abend musikalisch so bringt.

6. Januar – Heilig Drei König. Die toten Tage sind jetzt offiziell vorbei. Aber die Ferien leider auch. Ich futtere mich ein letztes Mal mit Weihnachtsplätzchen voll und entsorge wehmütig den vertrockneten Tannenbaum. Rückblickend ist das aktuelle doch immer das schönste Weihnachten. Die Geschenke! Und die Freizeit. Was hat man die vergangenen Wochen eigentlich gemacht? Ging alles viel zu schnell vorbei. Ich versuche diese Erkenntnis durch sinnloses Fernsehen noch ein paar Stunden hinauszuzögern und gehe schließlich viel zu spät ins Bett.

Das rächt sich. Raus aus den Federn, ab in die Uni, heißt es am Donnerstag. Aus dem Hörsaal geht es direkt weiter: Zunächst zur Performance „Rote Reihe Nr. 8“ im Haus der kleinen Künste. Auf die Bühne gebracht wird die Geschichte des Massenmörders Fritz Haarmann. Das wird ein Familientreffen! Mein Kumpel Lars Keke Altemann hat die Regie geführt, es spielen meine Schauspielkollegen Andreas Gießer, Stefan Natzel und Heiner Stöckle. Die letzte Theaterunternehmung von Lars und Stefan musste übrigens nach nur zwei Aufführungen eingestellt werden, weil einer der Darsteller sich im Eifer des Gefechts die Knochen gebrochen hat. In diesem Sinne: Hals- und Beinbruch, Jungs! Nach der Vorstellung ziehe ich direkt weiter ins Milla, wo die Band On The Shoulders Of Giants ihr Debütalbum vorstellt.

Freitag wird noch einmal gefeiert, bei  „Bass statt Hass“ im Feierwerk. Das Motto ist wörtlich zu verstehen, denn mit dieser Party sollen jene Flüchtlingen begrüßt werden, die in einer neu gebauten Unterkunft nahe des Feierwerks eine Heimat gefunden haben. Der Eintritt wird an den bayerischen Flüchtlingsrat gespendet. Was für eine schöne Art, jemanden willkommen zu heißen. Und plötzlich ist sie rum, die erste Woche des neuen Jahres. Vielleicht werde ich das hier in einem Jahr noch einmal lesen und denken – wow, war ja doch ganz schön viel los, an den toten Tagen.  So ist das wohl, wenn man in einer lebendigen Stadt wohnt.

Tunnelblick mit Farbeffekten

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Bob Beaman, Kong, Charlie: Matthias Singer hat für viele Münchner Clubs Lichtinstallationen gestaltet. Sie kreieren eine andersartige Welt, die oft geradezu märchenhaft wirkt. „Das Besondere am Licht ist, dass es etwas Flüchtiges ist. Man kann damit so viel machen“, sagt der Künstler.

Foto: Tobias Gabel

Von Jennifer Lichnau

Den perfekten Raum, den gibt es nicht. Vielleicht eher die perfekte Lösung. Und das ist bei Matthias Singer niemals eine Standardlösung, niemals ist es der einfachste Weg. Er hat Elektro- und Informationstechnik bis 2013 an der TU München studiert. Jetzt arbeitet er als selbständiger Lichttechniker.
 Lichttechniker oder Lichtkünstler? Er will sich da nicht festlegen. Was er ist, hängt immer von dem jeweiligen Projekt ab, an dem er gerade arbeitet. Hat er Angst vor der Dunkelheit? „Klar“, sagt er und lächelt, „jeder hat Angst im Dunkeln.“ Er trägt eine Jeans und Turnschuhe, auf dem Rücken so eine Art kleinen Wanderrucksack. Er kommt gerade aus den Kammerspielen. Da arbeitet er an einer Lichtinstallation für ein Science-Fiction-Theaterstück.

Er lächelt und streicht sich die blonden Haare aus dem Gesicht. Auch bei dem Theaterstück kann er seine Vorstellungen nicht einfach umsetzen wie geplant. „Geht nicht“, sagt er und grinst, „das habe ich jedes Mal als erstes zur Antwort bekommen.“ Das aber ist nicht schlimm, denn es geht ja immer um ein Heranarbeiten an diese perfekte Lösung. Das macht die Arbeiten von Matthias so besonders.

Im Rahmen des Machbaren schafft er immer wieder Unwirkliches, mit einem einzigen Instrument, dem Licht. „Mit den banalsten Dingen kann man meistens die besten Sachen machen“, sagt er.

Lichtkunst zu Hause?
„Da hatte ich nur eine
Schreibtischlampe im Zimmer.“

Matthias beleuchtet in München nicht nur Theaterinszenierungen. Er hat das Licht in Münchner Clubs wie dem Bob Beaman, dem Kong und dem Charlie installiert. Dort im Charlie – oben Bar und Restaurant, unten Club – ist das Ergebnis des Heranarbeitens an die perfekte Lösung zu erahnen, von der Matthias immer wieder spricht. Mehrere Betonstufen hinab und hinter einer schweren Tür liegt ein länglicher Raum, einem Tunnel ähnlich. Eine rechteckige Röhre, am Ende eine Bar. Was sonst? Matthias’ Installationen. Sie ziehen sich durch den Boden, an der Wand hoch, über die Decke und an der gegenüberliegenden Wand wieder zum Boden. Die Linien in der Wand bilden Quadrate aus Licht. Die sonst schwarze Röhre wird noch mehr zur Röhre. Ein Tunnelblick mit Farbeffekten. Zur Musik blitzen in kurzen Abständen die installierten Farb-Quadrate hell auf.

Aber nicht nur abgedunkelte Münchner Nächte versorgt Matthias mit Lichteffekten. Er hat dieses und vergangenes Jahr für das Puls-Festival des Bayerischen Rundfunks oder das Dokumentarfilm-Fest in München gearbeitet. Wo man hinkommt, man begegnet Matthias’ Installationen. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie kreieren eine andersartige Welt, die oft geradezu märchenhaft anmutet.

Matthias ist ein normaler Typ. Redet er von seiner Arbeit, dann klingt das sachlich. Er kommt nicht ins Schwärmen oder gar ins Prahlen. Wie es bei ihm zu Hause aussieht? „Erschreckend“, sagt Matthias und lacht laut, „da hatte ich sieben Jahre lang nur eine Schreibtischlampe in meinem Zimmer.“

Aufgeregt und enthusiastisch wird er erst dann, wenn er von diesem einen speziellen Moment erzählt, in dem er vor einer eigenen Installation steht und sich denkt: „Geil, alles passt.“ Dann kann er für einen kurzen Augenblick zum Betrachter werden, die Technik vergessen. Kurz zumindest. Das passiert natürlich nicht immer.

Seine Aufträge bekommt er
durch die enge Vernetzung
der Münchner Szene

Seine Arbeit kennt viele Beschränkungen: das Budget, die Brandschutzverordnung, die Räumlichkeiten, aber vor allem die Technik. Sie ist nicht zu umgehen, sie macht alles möglich, aber vieles auch unmöglich. „Wenn man auf ein gutes Ergebnis hinarbeitet, kommt man nicht drum herum, sich intensiv mit der Technik auseinanderzusetzen, zu experimentieren“, erklärt Matthias. Das ist mitunter der Grund, warum er sich nicht auf Kunst oder auf Technik festlegen will. Das eine ist mit dem anderen fest verbunden.

Obwohl er mit seiner Arbeit in München geradezu omnipräsent ist, ist er kaum sichtbar. Er arbeitet unter einem Pseudonym, 507nanometer. „Die Arbeit soll nicht als Ausdruck meiner Persönlichkeit wahrgenommen werden“, sagt Matthias. Kurze Pause. „Tatsächlich ist es gar nicht so leicht herauszufinden, wer hinter meinen Installationen steckt, es hängt ja nirgendwo ein Schild mit meinem Namen“, sagt er. Seine Aufträge bekommt er durch die enge Vernetzung der Münchner Szene. Und wenn jemand eine Installation braucht, dann klingelt am Ende meist wieder Matthias’ Handy.

„Das Besondere am Licht ist, dass es etwas Flüchtiges ist. Man kann damit so viel machen, was mit dinglichem Material gar nicht umzusetzen wäre“, sagt Matthias. Es klingt beinahe pathetisch, als wäre er wieder selbst fasziniert davon. Matthias ist eigentlich sehr sachlich, sehr bescheiden. Wie es zur Faszination mit dem Licht gekommen ist?. Er weiß es nicht. „Ich bin da einfach so reingerutscht“, sagt er. 

Seine Arbeit ist nicht geradlinig. Matthias hat den Ehrgeiz, immer wieder etwas Neues zu schaffen und genau das ist auch sein Antrieb. Dabei zieht er seine Inspiration oft aus bewegten Mustern der Natur. „Wellen zum Beispiel“, sagt er, „oder Strudel. Da hat man zwar beinahe das Gefühl, die Bewegung, das Muster dahinter zu verstehen, aber man tut es nie wirklich. Es ist immer noch genug Chaos dabei für den Moment der Faszination“.

Mein München - Hohenzollernplatz

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Julian Mittelstaed, 25, ist auf den Münchner Straßen unterwegs, beobachtet die vorbeitreibenden Menschen, ihre Bewegungen, Details an ihrer Kleidung, ihre Mimik - Street Photography eben. Die Momente, die er dann festhalten möchte, sind nicht immer leicht einzufangen. Dieses Mal ist er einem Schornsteinfeger auf’s Dach gefolgt.

Julian Mittelstaedt, 25, hat eigentlich Höhenangst. Trotzdem hat er einen Schornsteinfeger am Münchner Hohenzollernplatz bei seiner Arbeit begleitet. Was auf dem Foto wie eine breite Trittfläche aussieht, ist tatsächlich nur ein dünner Metallbalken mit circa 30 Zentimetern Breite. „Ich habe versucht, ja nicht nach links und rechts zu schauen“, erzählt Julian. Dabei ist von Vorteil, dass seine Kamera eine spiegellose ist, sie ist kleiner als eine herkömmliche Spiegelreflexkamera und auch leichter. Der perfekte Begleiter also für unerwartete Klettertouren. 

Für gewöhnlich ist Julian auf den Münchner Straßen unterwegs, beobachtet die vorbeitreibenden Menschen, ihre Bewegungen, Details an ihrer Kleidung, ihre Mimik. Die Momente, die er dann festhalten möchte, sind nicht immer leicht einzufangen. Und dann gibt es manchmal „magische Zufälle“, wie er es nennt. Wenn alles stimmt: der Ort, das Licht, das Motiv. Julian macht auch Sportfotografie oder Stillleben. Besonders da kann man als Fotograf viel beeinflussen. Trotzdem ist sein liebstes Motiv der Mensch auf der Straße – Street Photography eben.

Den Schornsteinfeger hat er auch auf der Straße getroffen. Eine interessante Gestalt, der man im Alltag selten begegnet. Julian hat ihn einfach gefragt, ob er mitkommen dürfe. Auf dem Dach hat er die Kamera hochkant auf die schmale Metallleiste gestellt, sich runter gebeugt, den Fokus gesetzt und den Auslöser gedrückt. „Viel Platz war da nicht, um groß die Perspektiven zu wechseln.“ Der Schornsteinfeger selbst schaut in die Ferne über die Dächer. Und er bringt Glück. Julian ist unfallfrei wieder unten angekommen

Webseite: https://www.instagram.com/jumitts/,
https://www.instagram.com/jmvotography/

Von Jennifer Lichnau

Band der Woche

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“Etwas Anständiges” - So heißt die neue EP der Germeringer Band Marvpaul. Zwar sind die Mitte-20-jährigen im geordneten Studentenleben angekommen. Doch sie verstehen sich immer noch hervorragend auf‘s Beschweren und Schimpfen - anständiger Indie-Rock eben! Und damit bereichern sie die Münchner Musikszene.

Eigentlich muss im Pop alles wahnsinnig schnell gehen. Vor allem die Sache mit dem zweiten Album. Denn wenn eine Band ihr Debüt veröffentlicht hat, das im Idealfall noch gut besprochen wurde, dann muss spätestens im Jahr darauf eine nächste Veröffentlichung folgen. Es regiert die Angst, dass die Aufmerksamkeit einer Flaute weichen und sich keiner mehr für den Nachfolger interessieren könnte, wenn man sich zu viel Zeit lässt. Diese Haltung steht natürlich diametral zum künstlerischen Prozess: Das Nachfolge-Album sollte wohl bedacht sein, es braucht Zeit, eine musikalische Sprache zu finden, die all die Erstlings-Energie klug weiterspinnt – damit eine Haltung entwickelt werden kann, die abseits des lauten „Hier sind wir“, das viele Debüt-Alben ausstrahlen, schlüssig ist.

Die Germeringer Band Marvpaul brüllte dieses „Hier sind wir“ ziemlich laut, als sie 2012 das Album „Es gibt hier nicht nichts zu tun, aber etwas anderes gibt es auch nicht“ veröffentlichte. Darauf wurden ausgesprochen überzeugend all die Erlebnisse einer Jugend in der Satellitenstadt einer Großstadt verarbeitet. Zu in der Münchner Indie-Pop-Szene eher seltenen rauen Klängen, erklärte Sänger Clemens Techmer darauf etwas altklug und trotzdem schlau die Lebenssituation gut situierter Jugendlicher im Münchner S-Bahn-Einzugsbereich. Doch dann wurde es ruhiger um die Band. Die Musiker begannen zu studieren, eher unkünstlerische Dinge wie Elektrotechnik, sie spielten immer mal wieder ein paar Konzerte, aber ein zweites Album ließ auf sich warten.

Doch nun haben sie die Veröffentlichung einer EP angekündigt. Ganz dem neuen Lebensabschnitt der Mitte-20-jährigen Studenten gemäß heißt die „Etwas Anständiges“. Doch das trieft natürlich nur so vor Ironie, denn Texter Clemens versteht es immer noch erstklassig, sich zu beschweren. Da schimpft er über die Leistungsgesellschaft und ihre ewigen To-do-Listen. Nur, dass er es sich im Song „Die Liste“ spart, solch beschreibende Begriffe zu verwenden: Post-Pubertär besingt er eher sein eigenes Prokrastinationsverhalten, unterlegt mit fast noch drängenderer und wütenderer Musik als auf dem Debüt. Die Synthies von Maximilian Haberland sind voller geworden, aber nicht harmonisch lieblicher. Ganz im Gegenteil: Sie orgeln penetrant und dennoch rhythmisch tanzbar vor sich hin, während Clemens seinen Gesangstil noch ein wenig postulierender gestaltet hat. Im Titeltrack „Etwas Anständiges“ wagen sie sich gar an einen an Hip-Hop erinnernden Groove, zu dem in ausbrechenden Refrains erklärt wird, „keine Musik zu machen“, sondern „etwas, mit dem man später was verdient“. Ein derzeitig fast aus dem Sprachschatz der Musikbeschreibung entschwundener Begriff wird da wieder passend: Marvpaul machen Indie-Rock im klassischen Sinne von ein wenig aufgebrachter, unabhängiger Musik, die sich niemals die große Rock-Geste ganz aneignen würde, aber die Durchschlagskraft von Rock durchaus schätzt.

In München sind derartige Ausprägungen von ernst zu nehmend wütender Indie-Musik selten geworden. Man hört ältere Bands heraus, allen voran Kreisky als die derzeitigen Helden des noisigen Zeterns. Marvpaul übertragen auf ihrer neuen EP aber auch die Slacker-Haltung der jungen Tocotronic auf Musik, die mehr will als das betont dilettantische Gitarren-Geschrabbe der frühen Hamburger Schule. Heraus kommt dabei eine Art von Wohlstandskinder-Pop, der sehr wohl weiß, unter welch privilegierten Umständen er entstanden ist und sich aber dennoch das Recht auf Unzufriedenheit nicht nehmen lassen will.

Eine derart reiche Stadt wie München kann solche Musik wunderbar vertragen. Am Samstag, 9. Januar, stellt das Quartett die neue Platte in der Kranhalle im Münchner Feierwerk vor. Und noch vor dem Jahreswechsel reisten sie nach Meran, um ihren Unzufriedenheits-Pop auch in Südtirol vorzustellen. 

Von Rita Argauer
Foto: Felix Noe

Neuland

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Vom Dosentelefon zum Haus - Philipp Christov, 23, hat sich in ein Tauschabenteuer gestürzt, für einen guten Zweck. Der BWL-Student möchte bis 2016 ein Haus für Flüchtlinge ertauschen. Bisher konnte er  sogar schon einen Ruckssack gegen ein Auto eintauschen. Wir sind gespannt!

Mit einem Dosentelefon fing alles an. Wie von uns im Oktober berichtet, möchte der BWL-Student Philipp Christov, 23, ein Haus für Flüchtlinge ertauschen. Inspiriert wurde er von Kyle MacDonald, einem 25-jährigen Kanadier, dessen Tausch-Abenteuer in seinem Roman „One Red Paper Clip“ zum Bestseller geworden ist. Zuletzt konnte Philipp eine Kombination aus Luxus-Rucksack und Schmuck gegen einen Smart eintauschen. Ein Rentner-Ehepaar hatte von seiner Aktion gehört und war bereit, sein Auto herzugeben. „Die beiden hatten mehrere Autos, aber trotzdem war es total nett, weil sie die Aktion so gut fanden“, sagt Philipp. Dass viele Leute seine Idee toll finden, zeigt, dass er schon jetzt mehrere Angebote für einen Weitertausch hat: Er hätte die Wahl zwischen Gemälden, einem Elektro-Roller und 240 Brettspielen. Auf jeden Fall ist er zuversichtlich, dass er bis Ende 2016 bei seinem Haus angekommen sein wird. „Das wird dann sozusagen ein Weihnachtsgeschenk für Menschen, die wirklich nichts haben“, sagt er.

Von Theresa Parstorfer
Foto: Schiwani Kakor

Von Freitag bis Freitag München mit Yunus

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Der gute Vorsatz zum neuen Jahr - er wird ambitioniert ausgerufen und weicht am Ende meist doch nur altbekannten Gewohnheiten. Kein Grund es erst gar nicht zu versuchen denkt sich Yunus: Er beginnt seine Münchner Woche also joggend an der Isar. Außerdem begeht er einen Frühjahrsputz. Der beschränkt sich allerdings auf seine Festplatte. Er ist Fotograf, da sammelt sich Einiges. Er besucht eine Ausstellung von Alina Birkner und hört auf einer Lesung die spannenden Texte von Sophia Klink.

Braun gebrannt und wieder gut in München angekommen, fange ichganz ehrgeizigan meinen einzigen Neujahrsvorsatz umzusetzen - den obligatorischen „gesünder leben und mehr Sport machen“ Vorsatz.

Ich schlüpfe also am Freitag endlich mal wieder in meine Laufschuhe und fange an, etwas für Körper, Geist und Seele zu tun. An der Isar jogge ich an  vielen Menschen vorbei, die den selben Tatendrang verspüren. Dabei höre ich das neuste DJ Set von Einmusik. Musik brauche ich dann doch noch um mich endgültig motivieren zu können.

Ausgepowert und doch aufgeladen mache ich mich anschließend auf den Weg in die Adalbertstraße zur Super+ Centercourt Galerie. Sie dient als Ausstellungsraum für junge Kunst aus München. Die Malerin Alina Birkner stellt dort ab heute einige ihrer Arbeiten aus. Sie studiert direkt um die Ecke an der Akademie der bildenden Künste. Mit dem Geruch von Acryl in der Nase treffe ich mich danach noch mit Freunden auf ein kühles Bier im Café Sax.

Den Samstag verschlafe ich zur Hälfte, da es natürlich doch nicht bei dem einem Bier geblieben ist - fängt ja schon wieder gut an. Am frühen Abend zieht es mich in das Kafe Kult. Heute beginnt dort zum sechsten mal das innen: welt. Festival, welches von dem Kollektiv innen.aussen.raum auf die Beine gestellt wurde. Auf die Band Warm Graves, deren atmosphärische Sounds mich schon seit einer Weile begeistern, freue ich mich am meisten!

Am Sonntag startetbei mir schon vorzeitig der Frühjahrsputz. Ich fotografiere. Sehr viel. Und im digitalen Zeitalter füllen sich dementsprechend die Festplatten rasant. Also verbringe ich den Tag damit, Bilder aus dem vergangenen Jahr auszusortieren und erlebe dadurch einen verspäteten Jahresrückblick. Richtig viel leerer werden meine Festplatten trotzdem nicht. Doch alles irgendwie wichtig und unvergesslich.

Am Abend schaue ich im Substanz vorbei. Dort findet heute der erste Poetry Slam des Jahres statt und das lasse ich mir natürlich nicht entgehen.

Am Montag schaffe ich es endlich mir das Projekt „Genesis“ von Sebastião Salgado im Kunstfoyer anzuschauen. Ich bin spät dran. Die Ausstellung läuft schon seit Anfang Oktober. Normalerweise bin ich, als begeisterter Fotograf, unter den ersten Besucher. Die Hommage an den Planeten Erde in Form von beeindruckenden Schwarz-Weiß Fotografien ist hier noch bis zum 24. Januar zu sehen.

Mein Dienstag beginnt mit einer Runde Joggen. Oder doch nicht. Ich bin noch unentschlossen. Motiviert bin ich ja, aber es ist so kalt draußen. Doch es könnte auch schlimmer sein, denke ich mir. Schnee. Matsch. Januar eben.

Da sollte der nicht vorhandene Winter ein Grund mehr sein, um mich zu überwinden. Außerdem kann ich doch nicht jetzt schon wieder aufgeben! Deshalb ziehe ich mich warm an, suche mir wieder gute Musik aus und laufe los. Diesmal höre ich ganz passend die EP „On The Run“ von den Kytes. Die Band, der ich auch meine Stimme bei der Suche nach der Band des Jahres auf der SZ-Jugendseite gegeben habe.

Den Mittwoch widme ich einmal mehr der Fotografie und schaue bei der Vernissage von Paul Hiller vorbei. In der Galerie BIG POND Artworks stellt er unter dem Titel Merry-Go-Roundeinige Bilder aus. Sie befinden sich meistens in großen Leuchtkästen. Dadurch wirken sie noch einmal ganz speziell auf den Betrachter.

Vier Bands spielen jeweils vier Songs. Das klingt gut! Donnerstag schaue ich beim Singer & Songwriter Table in den BavariaMusikstudios vorbei. Hier bekommen Musiker seit kurzem die Möglichkeit sich und ihre Musik zu präsentieren. Heute treffen Musiker aus München, Wien, Augsburg und Berlin aufeinander. Das kann heiter werden!

Es ist Freitag, und bevor ich mich am Abend meiner Lieblingsmusik zuwende und das Tanzbein schwinge, mache ich noch einen kleinen Abstecher in das Haus der kleinen Künste. Liaison heißt die Lesereihe. Unter anderem liest heute Sophia Klink. Sie wurde im Jahresausblick der SZ-Jugendseite vorgestellt. In ihren Texten verarbeitet sie Dinge, die sie aus ihrem Biologiestudium kennt. Ich bin ziemlich neugierig!

Am Abend spielen Catz ´n Dogz in der Roten Sonne. Der ein oder andere Gin Tonic und das eine oder andere Bier verschweige ich lieber. Sonst muss ich morgen schon wieder Joggen gehen.

Von Yunus Hutterer


Zocken statt arbeiten

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In einer Zwei-Zimmer-Wohnung in Berg am Laim sitzt die Zukunft der deutschen Games-Entwicklung. Aber das Ausland lockt Johannes Roth und Dominik Abé, die “Mimimi Production” leiten.

Von Anna Steinbauer

Es sieht aus wie in einer Studenten-WG: Im Eingangsbereich befinden sich zwei bunte Sofas. In der Küche stehen neben dreckigem Geschirr ein paar aufgerissene Packungen Nudeln und Pfanni-Kartoffelbrei; gekocht wird hier meist zusammen. Einzig: Ein selbstgeschriebenes Schild ermahnt, die Schuhe auszuziehen. Niemals würde man ahnen, dass in dieser Zwei-Zimmer-Wohnung in Berg am Laim die Zukunft der deutschen Games-Entwicklung sitzt: Mimimi Productions. Ein junges Produktionsteam, das als vielversprechendes Newcomer-Unternehmen gehandelt wird und in seiner kurzen Historie bereits so gut wie alles an Preisen bekommen hat, was es im Games-Bereich zu gewinnen gibt: vom Newcomer-Award bis hin zum Apple-Design-Award. Dabei sind die beiden Geschäftsführer Johannes Roth und Dominik Abé gerade mal 26 und 29 Jahre alt. Und sie planen bereits, wie sie ihren Einfluss international ausweiten können: “Der nächste Schritt muss sein, dass wir in den USA einen guten Investor finden. In Deutschland kennt uns mittlerweile jeder und findet uns gut, aber für größere Budgets müssen wir unseren Horizont erweitern”, sagt Dominik.

Er ist der ältere der beiden Geschäftsführer und kümmert sich um die Projektleitung. Der entspannte Typ im Kapuzenpulli, der seine Lockenpracht in einer spitzen Palme auf seinem Kopf bändigt, hat alles im Griff, kein Zweifel. Versonnen, mit einem leicht spitzbübischen Ausdruck, erzählt er, dass er ursprünglich mal Jazzgitarrist werden wollte. Nachdem es an der Musikhochschule aber auch beim zweiten Mal mit der Aufnahmeprüfung nicht klappte, besann sich Dominik auf seine beiden weiteren Leidenschaften: malen und zocken. “Ich wollte nicht noch ein Jahr übend im Keller verbringen”, sagt er.

Johannes und Dominik lernten sich im Studium an der Media-Design Hochschule München kennen. Johannes hatte eine Idee für ein Spiel und fragte, wer mitmachen wolle. So fanden sich 2008 sechs junge Leute, der heutige Kern von Mimimi, zu ihrem ersten gemeinsamen Projekt zusammen: “Grounded” hieß das Spiel, das dann gleich einen Newcomer-Award der deutschen Spielentwickler bekam. Die Szenerie: Aliens wollen in der Mitte der Welt einen Freizeitpark errichten, man muss “rumlaufen und graben”, sagt Dominik, der damals die Musik dazu noch selbst machte.

Der jüngere der beiden Geschäftsführer programmierte zu dieser Zeit auch noch selbst. Dafür hat Johannes nun aber keine Zeit mehr. “Jetzt mache ich das ganze langweilige Businesszeug: Projektmanagement, Verträge, Akquise”, sagt der 26- Jährige. Da sei er irgendwie so reingerutscht, sagt der groß gewachsene Games-Entwickler mit einer angenehm ruhigen Art zu sprechen. Trotz seines jungen Alters strahlt er eine solche Seriosität und Erfahrung aus, dass man keine Sekunde daran zweifelt, dass er auch umsetzt, was er sagt. Zum Beispiel: “Wir stellen nur die besten Leute an. Dann dauert es halt auch mal zwei Jahre, bis wir einen Programmierer gefunden haben.” Und: “Wir haben den Anspruch, dass wir irgendwann mal Gehälter zahlen können, die auch außerhalb der Games-Branche gut sind.”

Noch arbeiten die Spieleentwickler in nur zwei Zimmern. Doch die werden bald nicht mehr reichen. 16 Mitarbeiter sind momentan bei Mimimi Productions tätig. Alle sind nicht älter als Mitte zwanzig und sitzen in dem größeren Zimmer vor ihren Rechnern. Die Szenerie wirkt wie eine Informatikstunde in der Schule, mit dem Unterschied, dass der Lehrer fehlt. In Wirklichkeit sitzen hier aber Games-Spezialisten, die sehr genau wissen, was sie zu tun haben. Mit ihrem zweiten Spiel namens “daWindci”, in dem ein Heißluftballon durch unterschiedliche Landschaften navigiert werden und Hindernisse überwunden werden müssen, gewann Mimimi den Apple-Design-Award.“Der kam einfach so aus dem Nichts”, sagt Dominik. “Da ruft auf einmal Apple an und meint, wir sollten nach San Francisco fliegen, da ist so eine Preisverleihung.” Als sie dort waren, wurde es dem Mimimi-Team schlagartig klar: Sie waren nicht nur nominiert worden, sie hatten sogar gewonnen. Als erstes deutsches Spiel überhaupt. Nach diesen ersten Erfolgen gründeten Johannes und Dominik 2011 dann Mimimi Productions. Ihr Maskottchen ist ein braunhaariges Mädchen namens Mimi, dem riesige Tränen aus den Augen kullern. Grund zum Jammern haben die jungen Entwickler eigentlich keinen, vielleicht ist ihr Ehrgeiz, sich nicht zufriedenzugeben, der Grund für den Erfolg.Das jüngste Spiel “The Last Tinker: City of Colors” gewann beim Deutschen Entwicklerpreis gleich in drei Kategorien: “Beste Story”, “Bestes Adventure” und “Bestes Jugendspiel”. In dem Spiel geht es darum, dass Tinkerworld seine einstige Farbenpracht verloren hat und jedes Dorf in strikter Farbentrennung vor sich hin lebt. Als Koru, der Held des Adventures, hat man es in der Hand, diese zu überwinden und für ein Miteinander ohne Diskriminierung zu kämpfen. Zunächst war es schwierig, einen Publisher zu finden, dann stieg “Unity Games” ein. Mit der Größe des Spiels und wachsenden Kompetenzen steigen die Kosten für die Produktion. “Unsere erste Zahlung, die wir als Firma bekommen haben, war eine niedrige fünfstellige Summe, die uns ein halbes Jahr finanziert hat. Das reicht jetzt nicht mal mehr für einen halben Monat”, sagt Johannes. Doch man will mehr - und größere Projekte.In Deutschland gibt es nicht so viele risikofreudige Großinvestoren wie beispielsweise in den USA, der Games-Markt ist hier noch nicht so weit entwickelt. Deutsche Publisher machen außerdem lieber Geschäfte mit Firmen aus Osteuropa, da diese billiger produzieren. Für Mimimi liegt die Zukunft deshalb vermutlich in den Märkten der USA und Asien. Aber noch arbeiten sie in Deutschland. Das aktuelle Mimimi-Projekt realisiert das junge Team zusammen mit Daedalic Entertainment, einem Hamburger Studio und einem der wenigen inländischen Partner, der noch an große Neuentwicklungen glaubt. Was genau, darf aber noch nicht verraten werden - so eine Studenten-WG gibt nicht alle Geheimnisse preis.

Foto: Natalie Neomi Isser

Albumkritik: On the Shoulders of Giants

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Wolken, Engel, Einhörner und die drei Weisen aus dem Morgenland. Die Band On the Shoulders of Giants bietet nicht nur überraschend andere Bühnenshows und Verwechselspiele, sondern auch ehrlichen Rock mit Folk-Einschlägen, der zwar noch leichten self-made Charakter aufweist, aber nicht aus den Augen verloren werden sollte.

„Auf den Schultern von Giganten, vielleicht landen wir nie“ rappt der Bielefelder Musiker Casper und wenige nehmen das Zitat so wörtlich, wie die dreiköpfige Band On the Shoulders of Giants. Zu dem Releasekonzert ihres neuen Albums Lost and Found einen Tag nach dem Dreikönigstag kommen sie verkleidet als die drei Weisen aus dem Morgenland. Und „Caspar“, „Melchior“ und „Balthasar“ kündigen dann in einer spektakulär schrägen Bühnenkulisse aus Wolken, Engeln und Einhörnern an, dass sie die neue On the Shoulders of Giants-Platte super finden. Und zwar so super, dass sie jetzt als Coverband der selbigen unter dem Namen On the Shoulders of Jesus auftreten.

So weit, so abgefahren. Doch was kann man nun von einem Album erwarten, das in einer so abgedrehten Atmosphäre präsentiert wird? Die Antwort: eine überraschend ernsthafte und unprätentiöse Rockplatte mit Folk-Anklängen. Schon das erste Lied „Lost in Salvation“ beginnt mit einer dominanten E-Gitarre und lässt Bilder von Lederjacken, Whiskey und dem einsamen Wolf mit seiner Gitarre entstehen. Und spätestens wenn Sänger Chris Carbonaro mit dem treibenden “Monster” das eindeutige Highlight des Albums anstimmt, fühlt man sich nicht nur an die Bananafishbones erinnert. Viele Lieder, wie etwa “Last Minute Phoenix” oder das unterhaltsame “Max” wecken Assoziationen zu der Aufbruch - und Road-Trip-Musik von Musikern wie Tenascious D.

Aber man bemerkt auch den „self-made“-Charakter des Albums – teilweise ist das Schlagzeug etwas zu laut abgemischt, teilweise weist der Sound noch Ecken und Kanten auf. Aber auch das verleiht der Platte eine angenehm authentische Tonalität. Es lohnt sich also On the Shoulders of Giants im Auge zu behalten. Es wird spannend zu sehen, wie sie sich nach dem Abgang ihres Leadgitarristen entwickeln werden. Wenn ihr Weg trotzdem der gleiche bleibt, ist gerade heutzutage in Zeiten überproduzierten Mainstream-Pops, ein ehrliches, schnörkelloses Konzept eine wirkliche Bereicherung.

Philipp Kreiter

Foto: Benedikt Dietz

Leckere Lösungen

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Nerds mal ganz privat? Hochkomplizierte Kochanleitungen? Weit gefehlt. Unter dem Projektnamen „Cook and Code“ bietet Alexander Hoffmann IT-Workshops an. Im Mittelpunkt stehen Problemlösungen, aber auch soziales Beisammensein.

Foto: Sebastian Prößl

Seit Sommer 2015 bietet Alexander Hoffmann unter dem Projektnamen „Cook and Code“ IT-Workshops in München an. Alexander, 27, ist gelernter Anwendungsentwickler und hat Technische Redaktion und Kommunikation studiert. Seit er in der Start-up-Szene unterwegs ist, merkt er, wie jedem jungen Unternehmen die IT-Experten fehlen. Während seines Studiums hat Alexander schon die Konzertreihe „Learn to swim“ organisiert und war Veranstalter vom Katerbrunch, einem veganen Brunch in der Glockenbachwerkstatt. Seine beiden Leidenschaften verbindet er mit seinem Projekt Cook and Code.

SZ: IT-Kurse gibt es an den Münchner Hochschulen viele, die wenigsten verbinden Kochen mit Computern. Warum gehören Cook und Code zusammen?
Alexander Hoffmann: IT-Wissen wird in sämtlichen Berufen immer wichtiger, und dementsprechend gibt es auch viele Angebote. Vor allem im Internet findet man zahlreiche IT-Workshops, die sowohl sehr gut als auch sehr günstig sind. Man muss nur zwei Dinge mitbringen: Zeit und Motivation. Und genau die Motivation ist oft ein Problem. Auch wenn die ersten Lernstunden noch Spaß machen, nach einer Weile geht gern die Puste aus. Genau da setzt Cook and Code an. Wir holen die Menschen nach der Arbeit mit dem ab, aus dem ihr Feierabend eh besteht – Essen und soziales Zusammensein.

Heißt das, Cook steht für noch mehr als nur das tatsächliche Essen?
Genau. Unter Cook verstehe ich den gesamten sozialen Aspekt eines Workshops. Die Menschen sollen IT-Wissen erlangen, indem sie in einer Gruppe zusammen ein Problem lösen können. Die Mischung aus IT und Gemeinsamkeit eignet sich perfekt für Hackathons für Anfänger. Cook and Code ist nachhaltig gigadelicious!

Hackathons? Das klingt nach Fortgeschrittenen-Niveau. Kann man ohne Computervorkenntnisse überhaupt mitmachen?
Absolut! Ein Hackathon für Anfänger bietet jedem Teilnehmer die Chance, sich an die Materie heranzutasten. Ein Hackathon dauert in der Regel acht Stunden, die Teilnehmer arbeiten in kleinen Gruppen. Zentral für jeden Hackathon ist ein Problem, das es zu lösen gilt – zum Beispiel eine Website entwickeln. Die Grundkenntnisse werden zu Beginn natürlich vermittelt, dann ist die Gruppe auf sich allein gestellt.

Sind da Frust und Scheitern nicht vorgezeichnet?
Im Gegenteil – wir lassen die Teilnehmer natürlich nicht ganz allein. Bei jedem Workshop stehen den Teams Mentoren zur Seite. Die Lösungsansätze an sich sollen aber von den Teilnehmern selbst kommen. Jeder kleine Erfolg treibt die Motivation in der Gruppe wieder neu an, deswegen darf so ein Workshop einfach kein Frontalangriff auf die Menschen sein.

Am 23. Januar wird ein „Social Hackathon“ veranstaltet. Was unterscheidet dieses Konzept vom üblichen Hackathon?
Hackathons haben ja das Ziel, innerhalb eines Tages Lösungen für irgendwelche Probleme zu finden. Die Lösungsansätze gehen dabei leider viel zu oft verloren, weil man nur einen Tag daran arbeiten kann. Der „Social Hackathon“ soll dieses gesamte Potenzial einsammeln und gleich in Zusammenarbeit mit Projekten, die es nutzen können, umsetzen. In unserem Fall arbeiten wir mit sozialen Projekten zusammen. Diese Projekte stehen vor konkreten Praxisproblemen, zum Beispiel einer Website, die nicht optimal funktioniert. Genau die Probleme versuchen wir an dem Tag zu lösen. Der Rest vom Konzept bleibt gleich: Es gibt Teilnehmerteams, es gibt Mentoren und wir kochen zusammen – vielleicht wird es sogar eine Kochchallenge geben.

Seit diesem Sommer gab es 25 Cook-and-Code-Workshops. Wie geht es weiter?
Je mehr Workshops ich mache, desto motivierter bin ich für die nächsten. Für 2016 versuche ich 150 Events zu planen. Es macht einfach Spaß, Menschen etwas beizubringen, besonders in der Atmosphäre, in der wir arbeiten. Eines meiner Zukunftsziele für das Projekt ist ein Cook-and-Code-Café, das als Co-Working-Space funktionieren könnte. Zum einen glaube ich, dass ein Ort, an dem man immer ungezwungen neue Leute kennenlernen kann, München gut tun könnte. Zum anderen wäre es perfekt, einen festen Platz für Cook-and-Code-Workshops zu haben. Nach dem Motto: Mittags Café, abends Workshops. Auch wenn man dann nicht immer zum Arbeiten oder Lernen kommt.

Interview: Matthias Kirsch

Band der Woche

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Mit Kanten und Brüchen - Liz and the fire machen Wüstenrock, rau und uneben. Gerade für die Sängerin Elizaveta Porodina ein markanter Kontrast zu ihrem eigentlichen Beruf als (Mode-)Fotografin. Im September hat die Band ihre erste gemeinsame EP veröffentlich. Es dreht sich um alltägliche Abgründe und Wiederauferstehung.

Eine Turnerin mit einem Gesicht wie auf einem Gemälde Rembrandts. Oder altmodische Frisuren und seltsame Klamotten vor dem Hintergrund beeindruckender Natur. Das sind Bilder von schwerem Pathos und starkem Aussagewillen. Elizaveta Porodina ist Fotografin, macht Kunstserien und inszeniert Modestrecken für bekannte Magazine wie Elle oder Vogue. Auf diesen Bildern trifft die Mitte-Zwanzigjährige einen Ausdruck, den viele Modefirmen gerade suchen: ein seltsames Gemisch aus Ernsthaftigkeit, Bedeutungsschwere und leichter Sexyness. Aber eigentlich schießt Elizaveta ein wenig über diese Grenzen hinaus. Als musikalisches Pendant dazu fällt vielleicht als erstes Rammstein ein, die in einer ganz ähnlichen Art einen hyperkünstlichen Realismus zur Gänze ausformulieren. Doch nun hat Elizaveta selbst eine Band gegründet und mit ihrer Musik hat ihr eigensinniges Kunstgespür einen völlig anderen Ausdruck gefunden. Denn im rauen Rock-Gewand zeigt Elizaveta nun all die Brüchigkeit und Unebenheit des menschlichen Daseins, die sie auf ihren Fotos so gut zu kaschieren und in hyperrealistische Märchenwelten umzumünzen weiß.

Mit vier Jungs zusammen macht sie als Liz and the fire Wüstenrock. Aber nicht dessen durchinszenierte Spielart, die, spätestens seit Tarantino-Filmposter in jeder WG-Küche hängen, wieder angesagt ist. Die Musik von Elizaveta und ihrer Band ist karg, altmodisch und etwas spröde. Elizavetas Stimme ist dunkel, breit und emotional höchst in das Wah-Wah-Gitarrenspiel ihres Gitarristen Qi Li involviert. Allein ein Wah-Wah, dieses Effektgerät, das den stehenden Gitarrenton seltsam quäken lässt, hat man seit Ende der Achtzigerjahre nicht mehr derart exzessiv benutzt gehört. Doch seit 2014 pustet die Band, die in unterschiedlichen Konstellationen schon seit etwa zehn Jahren zusammen spielt, das wieder in die Clubs. Die vier Musiker in klassischer Rockbesetzung seien zuvor auf der Suche nach neuen Einflüssen gewesen, lassen sie wissen, und dabei der Fotografin Elizaveta begegnet. Und hätten entdeckt, dass diese – abseits der tiefen Singstimme – auch ein gewisses Faible für Abgründe habe und „leidenschaftlich gerne Songs über in uns loderndes Feuer, die ganz alltäglichen Abgründe und Wiederauferstehung“ schreibt. Nach einer ersten Session seien sie sich einig gewesen und hätten begonnen, an der ersten EP zu arbeiten, die sie im September 2015 veröffentlicht haben. Darauf schwere Titel wie „Phoenix“, „Harvest“, „Green Eyed Devil“ oder „Masters“ – man merkt: Hier meinen es fünf Musiker richtig ernst, wenn Elizaveta etwa in „Desert Shadows“ über vier Minuten hinweg zu dem finalen Satz gelangt: „In the desert time stands still.“

Das ist bisweilen etwas langatmig, schafft es gleichzeitig aber auch, den wunderbaren Gegensatz zu vermitteln, von dem jeder gut gemachte Wüstenrock lebt: Rebellion und gleichzeitiges Phlegma, Aufstand im Inneren, während der Körper in der trockenen Hitze seltsam gelähmt bleibt. Elizaveta schöpft dafür aus eigenen Erfahrungen. Immerhin jettet sie als Fotografin tatsächlich bisweilen in die Wüste – gerade hat sie dort ihre Serie „California Love Trip“ geschossen: „Die Fotoserien und die Lieder sind oft unzertrennlich miteinander verknüpft und voneinander geprägt“, erklärt sie. Doch während auf den Fotos eben in grellen Farben der menschliche Körper zelebriert ist, fungiert die Musik eher als dunkler Schatten dazu, der so ein wenig grotesk darauf hinweist, dass eben nicht immer alles so glatt ist wie auf der Oberfläche ihrer Fotos. Dazu passt auch die seltsame Ästhetik, die sich Liz and the Fire zur Präsentation ihrer Band ausgesucht haben: Im Wolpertinger-Prinzip wurden für das Cover-Artwork der EP die Gesichter der fünf Bandmitglieder collagiert. Aber nicht im futuristischen Morphing-Prinzip, damit die Unterschiede verschmelzen würden, sondern die Kanten und Brüche bleiben sichtbar.

Von Rita Argauer
Foto: Milena Wojhan

Band des Jahres

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Es war spannend, sehr spannend. Ein Zweikampf bis zum Schluss. Nun ist die Entscheidung gefallen: Unsere Band des Jahres 2015 ist Fatoni!

Der Hip-Hopper bekam 5984 Stimmen, Zweiter wurde Dicht & Ergreifend mit 5786 Stimmen. Dritter wurden die Kytes, die mit 828 Stimmen als beste Indie-Band Münchens aus der Wahl hervorging.

Insgesamt haben (Stand 12 Uhr) 13428 Facebook-User an der Wahl teilgenommen. Die Umfrage wurde unzählige Male geteilt, es gab 559 Daumen, 166 Kommentare, insgesamt erreichten wir  81267 Facebook-User mit unserer Wahl zur Band des Jahres 2015.

Schon früh haben sich die beiden Hip-Hop-Bands an der Spitze abgesetzt. Bis zuletzt war es ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Noch am Vormittag lagen Fatoni und Dicht & Ergreifend nur einige Stimmen auseinander, die Führung wechselte laufend. Am Ende hatte aber Fatoni die Nase vorne!

„Yo, Picasso“, so der Titel seiner aktuellen Platte, läuft gut. Sie verkauft sich, sie wird gelobt, von der überregionalen Presse genauso wie vom Hip-Hop-Fanzine. Fatoni hat die Band Fettes Brot auf deren aktueller Tournee supportet. Das Hamburger Trio hat wiederum zuvor Fatonis alten Alltime-Klassiker „Vorurteile“ zitiert, das hatte die Antilopen Gang davor auch schon gemacht. Und an diesen zwei Extremen kann man den Erfolg, den Fatoni nun hat, vielleicht festmachen. 

Wir gratulieren Fatoni und werden in den nächsten Monaten immer wieder auf unsere Band des Jahres hinweisen. Gratulation natürlich auch an Dicht & Ergreifend, die den Titel ebenso verdient hätten und bei ihren Fans jetzt sicherlich als Band des Jahres der Herzen gefeiert werden.

Hier der Endstand des Votings (Stand 12 Uhr):

Fatoni 5984 Stimmen
Dicht & ergreifend 5786 Stimmen
Kytes: 828 Stimmen
Monday Tramps: 261 Stimmen
Taiga Trece: 192 Stimmen
Ella Josaline: 157 Stimmen
Zoo Escape: 83 Stimmen
Matthew Austin: 51 Stimmen
Sara Lugo: 47 Stimmen
The King of Cons: 39 Stimmen

Mein München - Sechziger-Stadion an der Grünwalder Straße

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Leo Simon, 23, mag das Sechziger-Stadion an der Grünwalder Straße. Die Atmosphäre ist etwas Besonderes. Nicht der Kommerz, sondern die Fans dominieren die Stimmung. Leo hat sich mit seiner Kamera in den Sechziger-Fanblock gewagt, obwohl seine Farbe wohl eher Rot als Blau ist. Enstanden ist dabei dieses Bild.

Als FC-Bayern-Fan im Sechziger-Block zu stehen, erscheint ein gewagtes Unterfangen, vor allem, wenn diese beiden Mannschaften gegeneinander antreten. Leo Simon, 23, störte sich an diesem Umstand allerdings überhaupt nicht, als er 2014 für das Spiel der Amateur-Mannschaften der beiden Vereine die Freikarten verwendete, die er als offiziell geprüfter Fußball-Schiedsrichter für jedes Fußballstadion in Deutschland besitzt. „Ich habe schon gejubelt, wenn die Bayern ein Tor geschossen haben, aber da ist nichts weiter passiert“, sagt er und lacht. Seine Kamera hat Leo immer dabei – er fotografiert beispielsweise auch die erste Flüchtlingsfußballmannschaft Münchens bei ihren Spielen.

Was er am Sechziger-Stadion an der Grünwalder Straße so mag, ist die Atmosphäre, dass dort alles „noch nicht ganz so durchkommerzialisiert ist und die Choreografien sehr Fan-getragen sind“. Diese Stimmung auf einem Bild festzuhalten, ist vielleicht nicht ganz so gewagt wie ein inmitten von Sechziger-Fans geäußerter Jubelschrei für die Bayern, aber doch eine Herausforderung. Der rote Rauch der Bengalos füllt beinahe das gesamte Foto aus, gereckte Hände und Fäuste, Menschen verschwimmen zu Silhouetten, zu einer Menge. Am Ende ist es vielleicht völlig egal, wo der eine Fan-Block aufhört und der andere anfängt, vielleicht rücken sogar Wettkampf und Ergebnis in den Hintergrund. Wie das Spiel an diesem Tag ausgegangen ist, weiß Leo gar nicht mehr. Am Ende zählt das Ereignis, die Stimmung, das Zusammensein. Und was bleibt, ist ein Foto.

Von Theresa Parstorfer
Webseite: lsphotography.eu
www.facebook.com/lsphotographyandmore


Von Freitag bis Freitag München - Unterwegs mit Theresa

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Leere ist nicht immer und ausschließlich negativ. Leere kann auch Raum schaffen. Raum für Neues.Und mit jeder Menge Platz für frische Inspiration startet Theresa in eine aufregende Münchner Woche. Passend dazu ist ihr Startpunkt die Ausstellung „Das Nichts im Leeren Raum“ im Köşk.Lasst euch mit Theresa ein bisschen durch die Leere treiben. In dieser Woche bietet München mal wieder Einiges, um sie wunderbar zu befüllen, diese Leere.

Mein Wochenende beginnt mit dem Nichts. Ausnahmsweise nicht mit dem Nichts, das derzeit häufig bei mir zu Besuch ist, in Form von unfokussiertem aus dem Fenster-Starren, wenn ich eigentlich Referate, Hausarbeiten oder Master-Bewerbungen schreiben sollte.
Nein, ich verlege mein melancholisches Schwelgen in süßen Sommererinnerungen in den öffentlichen Raum. Dafür kann ich mir keinen besseren Start vorstellen als ein Besuch der vom Institut für angewandte Raumaneignung veranstalteten Ausstellung „Das Nichts im Leeren Raum“, die am Freitag um 17 Uhr im Köşk, in der Schrenkstraße ihre Pforten öffnet. Ich bin gespannt auf die „beeindruckende physische Wirkung im direkten Gegenüber zur Leerstelle“.
Da ich mir nicht ganz so sicher bin, ob ich nach dieser „Erfahrung mit der Einsamkeit“ tatsächlich so viel fokussierter bin, wie das Programm verspricht, mache ich mich im Anschluss auf den Weg ins Haus der Kleinen Künste, in die Buttermelcherstraße, weil dort die Liaison n°13 von ERDE UND TEER zu bestaunen ist. Fabian Bross und die Literaturstipendiaten der Stadt München, Sophia Klink und Markus Ostermair befördern mich mit ihren Texten wieder in die Welt der schönen Worte.

Am Samstag schlafe ich erst einmal aus und spüre den leeren Tönen des Nichts nach. Das Schöne an diesen mentalen Leerräumen ist, dass man sie super vollstopfen kann. Mit Musik zum Beispiel. Damit fange ich heute Abend auch gleich an, im Schwarzen Hahn bei Surfn’ Twist, mit DJane Saw. Es lebe das getwistete Knie und die geschwungene Hüfte!

Am Sonntag geht die musikalische Zeitreise weiter. Im Atelier Kino schaue ich mir „Janis. Little Girl Blue“ an.  

Sodass ich am Montag wieder so richtig viel Elan habe, meine eigenen zwei Tanzbeine zu schwingen. Diesmal im auf-und-ab-Rhythmus, im Feierwerk bei Undergroud-Rap von CAVANAUGH.


Am Dienstag, nach einem unglaublich langen Unitag, brauche ich dringend eine leichte und witzige Ablenkung. Also gebe ich mir einen Ruck und gehe zum ersten Mal seit Schulzeiten zu einem Improvisations-Theaterstück. Im Wirtshaus Im Schlachthof schließen sich Karin Krug und Tobias Zettelmeier für den Fastfood Improcup zusammen.
Im Impro-Theater gibt es eine ganz wichtige Regel, und die heißt: Immer Ja sagen. Ich beschließe, dass dieses Motto auch für mich funktioniert (schließlich ist es nie zu spät für gute Neujahrsvorsätze).

Am Mittwoch rufe ich den Münchner Museen deshalb ein lautes „Ja“ zu und besuche gleich zwei davon: Im Jüdischen Museum am Jakobsplatz gibt es derzeit eine Ausstellung von zwölf Ethnologiestudenten zu sehen, die sich in sieben Weltstädten auf die Suche nach Spuren jüdischen Lebens gemacht haben.
Danach flitze ich durchs Schneetreiben weiter ins Kunstfoyer in der Maximilianstraße. Dort möchte ich endlich das Geheimnis des meiner Meinung nach ziemlich gruseligen Ausstellungsplakates lüften, das derzeit an diversen U-Bahn Haltestellen für die Fotografien von Sebastião Salgado wirbt. 

Vielleicht liegt es an den Nachwirkungen des Nichts, vielleicht an denen des Impro-Theaters, vielleicht aber auch daran, dass ich irgendwann einmal beschlossen habe, dass Ödön von Horváth nicht nur ein unglaublich guter Name ist, sondern der Herr mit besagtem Namen auch einfach die stärksten Romane und Theaterstücke geschrieben hat. Am Donnerstag beschließe ich, ins Theater zu gehen. „Jugend ohne Gott“ - auch in der heutigen Zeit ein wichtiges Thema. Das Ensemble des IMPULS Theater hat die Parabel über Schuld und Moralvorstellungen aus den 40er Jahren ins Heute übersetzt, in ein „szenisches Vexierspiel über Mitteleuropa am Scheideweg“.
Nach dieser nicht allzu leichten Kost bin ich latent wütend auf die Welt, was wiederum das Nichts in mir nicht so gut findet, und mir rät, mich erst einmal in eine völlig virtuelle Realität zu begeben. Wie gut es sich trifft, dass gerade heute das erste VIRTUAL REALITY POP-UP CINEMA in München auf Tour ist. Dort kann man im Halbstundentakt für 12,50 € und ausgestattet mit einer 3-D-Brillenartigen Aparatur in fremde Welten eintauchen - was für Welten das sein werden, bleibt vorher ein Geheimnis.
Mit Sicherheit aber ein guter Rückfall ins absolut geflashte Nichts.

Am Freitag bin ich deshalb auch nach wie vor erfüllt von all der positiven Leere, die ich erneut mit ganz viel Inspiration füllen kann. Die hole ich mir heute beim Super+ Pop Up Store in der Maximilianstraße 33, wo junge Designer aus München ihre Kollektionen präsentieren, sodass ich dann hoffentlich perfekt gestylt zur ersten Ausgabe von „Ludwig und Kunst“ im Jahr 2016 ins Rationaltheater stolzieren kann.
Danach lasse ich diesen Freitag dann, als Gegenpol zum stillen Nichts von vor genau einer Woche, mit heftigen Beats von Marcel Fengler, Staab und Brane im Kong ausklingen.

Theresa Parstorfer

Foto: Tobias Leder


Ein Abend mit: Kathrin Rösch aka Kathrins Kulturklo

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Kathrin Rösch, 28, ist hauptberuflich Volontärin beim SWR. Im Ehrenamt ist sie Kulturjuwelenentdeckerin für München. Wir haben einen Abend mit ihr verbracht. Der startet natürlich auf kulturell hohem Niveau. Doch der obligatorische Alpenimbiss-Döner gehört ja auch schon fast zu Münchens nächtlicher Kultur. Was da noch so alles drin ist, lest hier..

Hier beginnt mein Abend: Am Besten natürlich bei irgendwas Kulturellem. Ein Konzert von der innen.aussen.raum Gang oder bei einer Austellung im Farbenladen, bei Platform3 oder oder oder. Die kulturellen Möglichkeiten in München sind nicht zu unterschätzen.

Danach geht’s ins:
Für Drinks: Loretta, Lola Bar, Cafe Kosmos
Für Drinks und bisschen Tanzen: Unter Deck, Provisorium.
Für Tanzen und bisschen Drinks: Cafe Kong, Netzer, Cafe Cord.

Meine Freunde haben andere Pläne. So überzeuge ich sie vom Gegenteil:

“Wir waren schon eeeewig nicht mehr feiern.”

Mit dabei ist immer: Oldschool: Handy, Geldbörse

An der Bar bestelle ich am liebsten: Apfelstrudel (Apfelsaft, Grasovka und bisschen Zimt) und/oder einen Moscow Mule.

Der Song darf auf keinen Fall fehlen: Ok,ich geb’s zu,wenn etwas von Michael Jackson kommt, stürme ich die Tanzfläche.

Mein Tanzstil in drei Worten: Augen zu und durch. Oh, 4 Worte. Egal.

Der Spruch zieht immer: Komm, Pimpernel hat immer noch auf.

Nachts noch einen Snack. Mein Geheimtipp ist:
Grundsätzlich fragen wir uns am Ende immer: Alpendöner oder Sila beim ADAC Haus? Ich bin immer für Sila.

Meine dümmste Tat im Suff war: Der eine Eimer Sangria zuviel.

Das beste Frühstück nach einer durchfeierten Nacht gibt`s bei: Mir!

Diesem Club/dieser Bar trauere ich nach:
Ganz klar: Cafe am Hochhaus. Dicht gefolgt von Die Bank.

Foto: Blende 11

Webseite: https://www.facebook.com/kathrinskulturklo

Von Stefanie Witterauf

Wie Zuckerwatte

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Alina Maria Birkner, 26, studiert an der Akademie der Bildenden Künste und gehört zu den talentiertesten Nachwuchskünstlern Münchens. Ihre Werke sind empfänglich für Assoziationen, Erinnerungen und Gefühle. Hipster-Kunst, könnte man meinen. Aber es steckt mehr dahinter. Längst verfolgen Kunstsammler ihren Werdegang im Internet

Von Valerie Präkelt

Abstrakte Malerei und Quantenphysik passen auf den ersten Blick nicht unbedingt zusammen. Beim Malen aber inspiriert die Wissenschaft Alina Maria Birkner, 26. „Ich höre fast immer Vorträge, während ich male,“ erzählt die Künstlerin im Münchner Offspace super+Centercourt. Hier, im kleinen Ausstellungsraum in der Türkenstraße, lehnen noch bis zum 21. Februar vier großformatige Malereien der Akademiestudentin an den weißen Wänden. „I am a rainbow, too“ heißt die am 8. Januar eröffnete Ausstellung, weil die aufgemalten Neonrahmen von links nach rechts betrachtet einen Regenbogen ergeben. Gefüllt werden die zwei mal 1,5 Meter großen Leinwände mit flimmernden Pastellfarben. Sie erinnern an einen farbenprächtigen Wolkenhimmel in warmem Licht, wärmer zumindest als das, was München dieser Tage zu bieten hat.

Alina Maria Birkners Malereien entführen in andere Welten. Das klingt kitschig – aber die abstrakten Malereien begeistern nicht nur am Vernissage-Abend zahlreiche Besucher, sondern auch am Tag darauf. Während des Interviews bleiben draußen immer wieder Menschen stehen, machen Fotos mit dem Smartphone oder stecken einen Ausstellungszettel ein. Der Raum, den das Künstlerkollektiv„super+“ seit Mai 2014 betreibt, war früher eine offene Passage, in den Sechzigerjahren verkleidete die Stadt sie mit Wänden, damit dort Obdachlose nicht mehr übernachten konnten.

Alinas Bilder sind durch die großen Schaufenster auch von außen gut zu sehen. Überhaupt hat es den Anschein, als könne Schwabing sich ihrer Kunst derzeit nicht entziehen: Nicht nur im super+Centercourt, sondern auch im Easy!Upstream (ebenfalls Türkenstraße) hängen Bilder der Künstlerin. In der Akademie wird sie vom 2. Februar an ausstellen; ein Fresko, das sie im Oktober 2015 gemeinsam mit ihrem Vater René Birkner für die Ausstellung des Möbeldesigners Konstantin Grcic malte, ist noch bis September 2016 in der Pinakothek der Moderne zu sehen.

Alina scheint ihr Talent von den Eltern geerbt zu haben. Ihr Vater René Birkner malt die großformatigen Kino-Plakate für die City Kinos und das Kino am Sendlinger Tor, Mutter Alicja Podgórska Birkner ist Bildhauerin und Designerin, der kleine Bruder Balletttänzer. Beste Voraussetzungen also für eine Künstlerkarriere: Mit 19 bewirbt Alina sich an der Akademie der Bildenden Künste in München und lernt fortan in der Klasse des französischen Malers Jean-Marc Bustamante. Damals überzeugte sie mit großformatigen Porträts, ihren eigenen Stil hat sie schließlich in der abstrakten Malerei gefunden. „Ich muss zugeben, dass ich das meiste nicht an der Akademie, sondern von meinen Eltern gelernt habe“, sagt Alina, die ihr Studium im Februar abschließt. Was kommt danach? Eine Residency, also ein Künstlerstipendium in einer anderen Stadt oder einem anderen Land, wäre toll. „Am liebsten in Amerika.“ Aber für eine Residency muss man gut sein. Richtig gut. Und: Künstler gibt es wie Sand am Meer.

Allerdings übertreibt man nicht, wenn man behauptet, dass Alina Maria Birkner derzeit wohl zu den talentiertesten Nachwuchskünstlern Münchens gehört. Das hat mehrere Gründe: Alina verleiht der immer wieder totgesagten Malerei ein frisches, hippes Gesicht. Mit einer scheinbaren Leichtigkeit spielt sie mit Farben und Licht. Rosali Wiesheu, Kuratorin im super+Centercourt, erinnern Alinas Arbeiten, wie sie sagt, „an Zuckerwatte, die sich im Mund auflöst“. Das zeigt, wie empfänglich Alinas Kunst für Assoziationen, Erinnerungen, und Gefühle ist. Hipster-Kunst, könnte man meinen. Aber es steckt mehr dahinter.
In Alinas Arbeiten kann man sich verlieren. Am besten lässt sich das mit einem Phänomen erklären, dass man von Mark Rothko, dem Wegbereiter der Farbfeldmalerei, kennt. Von Rothkos besten Bildern sagt man, dass die Farben schimmern, wenn man sie länger betrachtet, der Betrachter tauche dann ganz in das Bild ein.

Darin steckt auch Alinas Magie, von der sich die Gäste der Vernissage gerne mitreißen lassen. Die enge Atmosphäre des Raums führt dazu, dass Fremde plötzlich miteinander über Kunst diskutieren, ganz, als wären sie auf der Ausstellung eines Starkünstlers. Es zeigt, wie ernst die Künstlerin mit den langen, braunen Haaren bereits genommen wird – auch von Menschen, die keine großen Kunstkäufer sind und vielleicht auch nie zu solchen werden. Dabei geht es Alina in der aktuellen Ausstellung nicht darum, Bilder zu verkaufen. „Aber wenn es so wäre, würde ich natürlich nicht nein sagen“, sagt sie und lacht. Es ist einer der Punkte, den die junge Malerin – wie übrigens viele andere Akademiestudenten – an der elitären Ausbildung kritisiert: Zwar feilt man an Technik und Intellekt, aber über den Markt wird nicht gesprochen. Dabei müssen junge Künstler ihr Leben, vor allem in einer teuren Stadt wie München, finanzieren können. Und zwar am besten von ihren Kunstwerken und nicht von einem 450-Euro-Aushilfsjob.

“Auf Instagram folgen ihr
fast 7000 Menschen, beobachten
ihre Arbeiten, ihre Entwicklung”


Die großformatigen Bilder, die Alina im super+Centercourt zeigt, kosten 5900 Euro. Das erzählt die Künstlerin ganz offen, wendet aber auch hastig ein, dass der Preis auf Grund der Größe deutlich höher ist als etwa signierte und limitierte Prints, die sie bereits ab 160 Euro verkauft. Über das Internet hat sie davon schon zahlreiche in die ganze Welt verschickt, unter anderem nach Amerika und Neuseeland. Der Ort, an dem sich internationale Künstler und Kuratoren, Galeristen und Sammler vernetzen können, ist Alinas Marktplatz. Vorerst zumindest, solange sie noch nicht von einer Galerie vertreten wird.

Alina gehört zu der Generation der Künstler, die Plattformen wie Instagram gezielt für die Vermarktung ihrer Arbeit nutzen. Auf Instagram folgen ihr fast 7000 Menschen; beobachten ihre neuesten Arbeiten, ihre Inspirationen, ihre Entwicklung. 7000 Follower mag in Zeiten, in denen Beauty- und Modeblogger mit ihren Accounts ein Millionenpublikum erreichen, nicht nach allzu viel klingen. Aber Alina folgen Szeneberühmtheiten, bei denen zahlreiche Galeristen und Künstler vor Neid erblassen würden.

 Da wäre zum Beispiel Simon de Pury. Kunstsammler und Auktionshausgründer – schwerreich, versteht sich. In der Kunstwelt gibt so jemand den Ton an. Oder Stefan Simchowitz, Supersammler aus Südafrika, der in der Kritik steht, bei jungen Künstlern die Preise gezielt nach oben zu treiben. Dass diese internationalen Player wissen, wer Alina Birkner ist, gilt als ein ziemlich großes Kompliment. Abheben lässt das die Münchnerin, die man meist nur gut gelaunt erlebt, nicht. Sie bleibt entspannt, lässt „die Zukunft auf mich zukommen.“ Ganz wie der berühmte Quantenphysiker Albert Einstein einst sagte: „Ich sorge mich nie um die Zukunft. Sie kommt früh genug.“

Copyright: Courtesy of the artist

Foto: Korbinian Vogt

Mein München - Sendlinger Straße

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Eis im Regen -  Katharina Pflug, 25, hat ihre analoge Kamera immer dabei, auf Reisen oder bei Spaziergängen. So auch auf diesem Bild. Sie schlendert durch die Münchner Innenstadt. Es wirkt beinahe so, als ob sie hinter einer verregneten Scheibe säße. Dabei isst sie gerade ein Eis, im Regen…

Katharina Pflug, 25, hat zwei große Leidenschaften. Essen und Fotografieren. Sie arbeitet mit verschiedenen Kameras. Geht sie spazieren, hat sie die analoge Kamera dabei, geerbt hat sie die von ihrem Vater, einem Hobbyfotografen.

So auch auf diesem Bild. Sie schlendert durch die Sendlinger Straße in der Münchner Innenstadt. Es regnet. Trotzdem isst sie ein Eis. Und kurz wagt sie sich mit der Kamera aus ihrem Unterstand und fotografiert die Passierenden, die trotz Schutz ihrer Schirme, eilig vorbei laufen. Es wirkt beinahe so, als ob Katharina hinter einer verregneten Scheibe sitzt. Ihr sieht man zwar nicht an, dass sie gerne isst, vielen ihrer Fotos schon. „Aber“, sagt sie, „ich brauche neben dem Essen auch den Menschen als Motiv. Da muss man spontan sein, sich auf sein Gegenüber einstellen.“ Beim Essen ist das anders. Da kann man sich Zeit nehmen, so viel man möchte. „Man hat totale Ruhe, wenn es denn nicht gerade Eis ist, das man fotografiert“, sagt Katharina und lacht. Sie studiert Design in Nürnberg. Ihre zweijährige Ausbildung zur Fotografin hat sie in Würzburg absolviert.

Und bald hat sie München wieder, zumindest für kurze Zeit. Sie macht ein Praktikum in dem Atelier „Photisserie“ in der Adalbertstraße – spezialisiert auf Food-Photography. Inszeniert wird Essen. Mal natürlich in seiner ursprünglichen Form, mal zu etwas Neuem verarbeitet. Katharinas Freund ist übrigens Koch, für ausreichend Inspiration ist also gesorgt.

Neuland

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Unabhängige Lesereihen“, für mehr Vernetzung in der Literaturszene - Tristan Marquardt und Heike Fröhlich haben diese Initiative gegründet, um den Austausch in der Szene zu stärken - über gewohnte Grenzen hinaus. Mit dabei sind derzeit 16 Gruppen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, so auch die Münchner Lesereihen „Liaison“ und „meine drei lyrischen ichs“. 

Jede Stadt hat ihre Autoren. Man kennt sich untereinander, veranstaltet gemeinsame Lesungen, diskutiert über Texte. Doch wie sieht es jenseits der Heimat aus? Diese Frage haben sich Tristan Marquardt und Heike Fröhlich gestellt: Sie haben die Initiative „Unabhängige Lesereihen“ gegründet, die Veranstaltungsreihen und Autoren fernab des etablierten Literaturbetriebs miteinander vernetzen soll. „Ich fand es cool, dass auch in kleineren Städten wie Göttingen oder Jena in den vergangenen Jahren Lesereihen entstanden sind, die großen Andrang haben“, sagt Lyriker Tristan, 28. Ein erstes Treffen hat bereits im Lyrik Kabinett in München stattgefunden, im März kommen die Veranstalter der Lesereihen in Leipzig zusammen. Die Idee dahinter: Zusammen ist man weniger allein. Oft gebe es ähnliche Fragen und Probleme, die auftauchen, wenn man eine Reihe organisiert. In der Gruppe könne man solche Erfahrungen austauschen und einander gezielt beraten. „Es ist doch schade, wenn etwas von der Initiative eines einzelnen abhängt“, sagt Tristan. Mit dabei sind derzeit 16 Gruppen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, so auch die Münchner Lesereihen „Liaison“ und „meine drei lyrischen ichs“.


Weitere Infos unter: http://lesereihen.org


Von Carolina Heberling
Foto:Mario Steigerwald

Band der Woche

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Das Münchner Quartett Vorteilspack spielt auf ihrem zweiten Album „Dreamconstruct“ sphärisch verwunschene Popmusik. Akustik-Gitarre, Klarinette und Schlagzeug, unterlegt mit Bass und Synthesizer - fantasievoll und überraschend!

Der Bezug zur südosteuropäischen Volksmusik gab Blasinstrumenten in der Popmusik einen neuen Sinn. Zuvor tauchten diese – abseits von Funk- und Soul-Produktionen – fast nur noch im Ska auf. Als hektisch hüpfende und vorlaute Instrumentalstimmen, die Ende der Neunzigerjahre eine seltsame Liaison mit verzerrten Punk-Gitarren eingingen. Abseits dessen waren die Blasinstrumente dank des Musikantenstadls fest im Alpin-Kitsch gefangen. Doch irgendwann nach der Jahrtausendwende entdeckten westeuropäische Musiker die treibenden Wechselbässe der Volksmusik – jedoch eher in Moll statt im obligaten C-Dur gespielt. Die Inspiration kam vom Balkan und von Filmen wie „Schwarze Katze, weißer Kater“. Der Erfolg dieser Gruppen, deren bekannteste Vertreter La Brass Banda wurden, machte aus den neuen Klängen eine neue Bewegung der Popmusik, schließlich durfte dann auch die bayerische Volksmusik wieder ein Einfluss sein, was zu so skurrilen und eigenen Gruppen wie Kofelgschroaführte. Und mittlerweile hängen Blasinstrumente so fest in diesen musikalischen Assoziationen, dass die junge Münchner Band Vorteilspack noch einmal richtig überraschen kann.

Das Quartett, das ursprünglich aus dem westlichen Münchner Umland stammt, könnte laut Besetzung genau eine dieser Neo-Volksmusik-Gruppen sein. Doch die Musiker nutzen ihre Instrumente (Akustik-Gitarre, Klarinette und Schlagzeug) anders: Sphärisch verwunschene Popmusik spielen sie auf ihrem zweiten Album „Dreamconstruct“, das sie im vergangenen Sommer veröffenlichten. Lang gezogene Songs, in denen man Einflüsse von Portisheadüber Bon Iver bis The Notwist hört, und die weit entfernt sind von der verschrobenen Umpfta-Romantik manch einer der Bayern-Beat-Bands.

Damit jedoch dieser zurückgenommene, atmende Klang mit einer derartigen Besetzung gespielt werden kann, brauchten Vorteilspack ein wenig Einfallsreichtum und einen Synthesizer als Kitt. Denn die Töne der Klarinette und der Akustik-Gitarre sind erst einmal sehr konkret, klar definiert und ohne viel Nachhall oder eine große klangliche Breite. Doch die beiden Sänger und Gitarristen Max Grüner und Jakob Schuster haben schon seit Schulzeiten gemeinsam musiziert – und waren dabei immer mit einer gewissen Experimentierfreude zu Gange: Zu Hause haben sie damals schräge Gitarrenklänge, Stimmen und ab und an auch Geschrei aufgenommen, mit verschiedenen Effektgeräten verfremdet und daraus ihre Songs geschmiedet. Doch durch diesen Prozess sei es dann ziemlich bald „endgültig unmöglich“ gewesen, „diese Klänge live umzusetzen“, erzählt Max. Erst als Jonas Dannecker mit der Klarinette hinzu kam, konnten sie ihren Songs eine aufführbare Form geben: Der begann die klanglichen Lücken mit dem Blasinstrument zu füllen und den „einfach nur sehr fantasievoll zusammengespielten Gitarren“ ein rhythmisches Fundament zu geben. Und seit Elias Finsterlin mit Bass und Synthesizer einstieg, bekam die Musik trotz der immer noch hörbaren akustischen Zerbrechlichkeit Fülle.

An dieser Herangehensweise liegt es nun wohl auch, dass die Musik der Anfang-20-Jährigen nun so eigen klingt. In der Stilfindungsphase, die jede Band zu Beginn des jeweiligen Zusammenspiels durchmacht, haben sich Vorteilspack nicht auf klangliche Vorbilder bezogen, sondern die Musik, die bereits da war, der Frage unterworfen, was es denn brauche, um sie zu vervollständigen. Eine Mühe, die sich gelohnt hat. Denn auch wenn die Band ihren Namen etwas unsexy von einer Nudelverpackung abgelesen hat: Die Musik, die sie machen, öffnet das Gehirn des Zuhörers – einfach weil sie weder zu gewollt Trends hinterher rennt, noch überintellektualisiert kompliziert wirkt.

Von Rita Argauer
Foto: Lorenz Zitzelsberger

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